CONTRASTE
- Mitmachzeitung der Solidarischen Ökonomie
von Heinz Weinhausen
„Wenn Du die Twin Oaks - Kommune in die USA besuchst, magst Du auch einen
Artikel darüber für die CONTRASTE schreiben?" so fragte ich Lorenz aus
Wien. Gefragt. Getan. Und im Februar 2006 konnte der Zeitungsschwerpunkt "Kommunen
international" erscheinen und bundesweit wie auch in Österreich und in
der Schweiz gelesen werden.
Monatlich schreiben und berichten Menschen vielfältig aus den alternativen
Projekten und Initiativen für die selbstorganisierte Szene selbst, um
Erfahrungen weiterzugeben, um in Kontroversen zu lernen, um Perspektiven zur
Gesellschaftsveränderung zu entwickeln. Und natürlich schreiben sie ebenso
für diejenigen, die Ausschau halten, wie sie den Zumutungen des entfremdeten
kapitalistischen Alltags ein Stück entfliehen können.
Zu verdienen gibt es dabei nichts. Die zur Zeit dreißig RedakteurInnen
(Lokal- und Fachredaktionen) arbeiten nach dem Prinzip der Freiwilligkeit.
Ebenso wird für angefragte oder eingereichte Beiträge von Autorinnen und
Autoren kein Honorar gezahlt. Damit ist die Zeitung seit 1984 gut gefahren,
anders hätte sie den Rückgang vieler selbstverwalteter Betriebe und Projekte
in den Neunzigern auch gar nicht verkraften können, die dann ja auch ihr Abo
mit auflösten. Andererseits konnte durch das Prinzip der Freiwilligkeit der
Reiz der Authentizität stets erhalten bleiben.
Stand mit CONTRASTE am 1. Mai 2007 in Berlin
Für die alltägliche Zusammenarbeit der versprengten Redaktionen hat sich
die interne Mailingliste und ganz altmodisch das Telefon bewährt. Unser
wichtigster Kommunikationsort ist allerdings das einmal jährlich an einem
Wochenende stattfindende Redaktionstreffen. Hier pflegen wir unsere
Bekanntschaft und Freundschaft, heißen neue MitmacherInnen willkommen. Wir
ziehen Bilanz und schmieden neue Pläne. Und probieren die Probleme
untereinander konstruktiv und deeskalierend zu lösen. Als es letztes Jahr in
der Mailingliste zwischendurch hochkochte, wo dann auch in allseits bekannter
Weise unterstellt und beleidigt wurde, nahmen wir uns viel Zeit dafür auf
unserem Plenum. Herausgekommen ist unser neues Selbstverständnis: „In
unseren Diskussionen und Kontroversen pflegen wir einen solidarischen Umgang
miteinander und eine Kommunikation des Wohlwollens, der gegenseitigen Achtung
und der Gewaltlosigkeit. Unser Ziel ist ein geschützter Raum. Dies schließt
Schmähungen, Unterstellungen, Beleidigungen, Verletzungen oder andere
unsachliche Angriffe gegen Personen oder Projekte/Gruppen aus. Es gibt keinen
allgemeinen Maßstab, was als Angriff unter der Gürtellinie zu gelten hat. Für
uns gilt das individuelle Empfinden der Angegriffenen als Maßstab. Das heißt
nicht, dass die Verantwortung für die Zurückweisung solcher Angriffe alleine
bei den Angegriffenen liegt. Jedes Redaktionsmitglied ist aufgefordert, sich
aktiv einzubringen, wenn sie/er empfindet, dass unsere Kommunikationsregeln
nicht geachtet werden." Nun gilt es, Erfahrungen zu sammeln, ob
wir den geschützten Raum tatsächlich gewährleisten können.
Alternativen haben Zukunft
CONTRASTE ist stets offen für neue gesellschaftliche Entwicklungen und neue
Projekte. Als erste bundesweite Zeitung berichtete sie über den Pionier-Umsonstladen
Hamburg, zeigte sich bereits Mitte der Neunziger Jahre offen für die
Arbeitskritik der Krisis-Gruppe. Der Oekonux-Kongress
war sofort Schwerpunkt, wie jüngst auch der Kongress
zur Solidarischen Ökonomie. Selbstorganisierter Widerstand wie der von ‚kein
mensch ist illegal’ oder ‚Gendreck weg’ gehört natürlich auch zu
unserem Spektrum. Seit Jahren schreiben wir regelmäßig über solidarische
Ökonomie, Genossenschaften und Kommunen, national wie international. Um nur
einiges zu benennen.
Mit der fortschreitenden Neoliberalisierung, womit sich die kapitalistische
Gesellschaftsordnung des Sozialen zu entledigen sucht, hat sich der Charakter
der alternativen Experimente geändert. So ging es in den Achtzigern eher darum,
einfach mal was Neues auszuprobieren. Und wenn es nicht das Richtige war, konnte
mensch meist leicht in den Schoß der bürgerlichen Gesellschaft zurückkehren.
Heutzutage in Zeiten von Hartz IV, mit all den sozialen Kürzungen und
Zumutungen, geht es nicht mehr so sehr darum, dass wir anders arbeiten und leben
wollen, sondern viel mehr darum, dass wir anders leben lernen müssen.
So versuchen in Zeiten der Systemkrise vermehrt Menschen ernsthafter und
hartnäckiger Neues aufzubauen, obwohl viele Rahmenbedingungen schwieriger
geworden ist. Keiner weiß dabei den Königsweg, aber alle wissen wir, dass
unsere Gesellschaft ohne experimentelle Veränderungen keine andere werden wird.
Damit wird auch das Interesse an einer gestandenen Zeitung für Solidarische
Ökonomie, für Projekte des Miteinander-Füreinander steigen. CONTRASTE ist
bunt wie die Bewegung, ist offen für Beiträge, Artikel, Berichte, Rezensionen
usw., ist eine Mitmachzeitung solidarischer Ökonomie. Nur zu.
Info: www.contraste.org
Heinz Weinhausen wohnt in Köln und ist seit 1999
Redakteur der CONTRASTE. Er macht mit bei der Sozialistischen Selbsthilfe
Mülheim und dem Institut für Neue Arbeit.