FREIBURGER WOHNUNGSBAUGENOSSENSCHAFTEN
Vielfalt in der Gleichheit
Gesichter einer zukunftsfähigen
Unternehmensform
"Wohnen bei
Genossenschaften hat schon immer mehr bedeutet, als ein Dach über dem Kopf". Dies
betont der Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmen (GdW) zurecht in seiner
"Gebrauchsanweisung" mit dem Titel "Wohnen bei Genossenschaften". In
jeder Stadt findet dieses "mehr" seine eigenständige Ausdrucksform.
Gleichzeitig läßt sich fast jede größere Stadt in Deutschland als Spiegel und Ausdruck
dieser Vielfalt nutzen. Das Beispiel Freiburg veranschaulicht bestens die spannende
Unterschiedlichkeit und Kreativität, die in dieser Form der gemeinschaftlichen
Selbsthilfe steckt.
Burghard Flieger, Red. Genossenschaften - Von anderen Bauträgern unterscheiden sich
Genossenschaften nicht nur durch ihre Geschichte als Solidargemeinschaft. Sie sind
gewachsen aus der Grunderkenntnis, daß eine Gruppe von Menschen ein Ziel erreichen kann,
für dessen Verwirklichung der einzelne oft zu schwach ist. Sie zeichnen sich deshalb in
der überwiegenden Mehrzahl dadurch aus, daß sie die Mitglieder ihrer Gemeinschaft nicht
nur respektieren, sondern bei dem Gut Wohnen besonders fördern wollen. Hohe
Gewinnerzielung und Spekulation mit Eigentum bleiben so als Ziele ausgeschlossen.
Die meisten traditionellen
Wohnungsbaugenossenschaften entstanden im Zusammenhang mit der Arbeiterbewegung oder
anderen gesellschaftspolitisch motivierten Bewegungen. Besonders deutlich wird dies bei
zwei der drei dargestellten älteren genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen. Der Bauverein Breisgau gehört zu den zahlreichen Wohnungsbaugenossenschaften in Deutschland,
die dieses Jahr ihr Hundertjähriges feiern. "Besitzlose Arbeiter" waren die
vorrangige Zielgruppe, so daß preisgünstiges Bauen immer im Vordergrund stand und auch
heute noch steht.
Das trifft ebenfalls zu für die Baugenossenschaft "Familienheim". Vor 60 Jahren gegründet gilt sie als Keimzelle der
katholischen Baugenossenschaften. Christliches Gedankengut motiviert sie dazu, vor allem
preisgünstige Wohnungen für einkommensschwache kinderreiche Familien zu erstellen.
Dagegen verfolgt die seit nun 80 Jahren bestehende Heimbau das Ziel,
"ein gepflegtes bezahlbares Wohnen oberhalb der Mitte."
Noch erheblich differenzierter entwickeln
die neuen Freiburger Wohnungsbaugenossenschaften ihre jeweils eigenständige Identität:
Die Thomas-Armbruster-Mietergenossenschaft versucht sich an der Selbstverwaltung eines
Hochhauses in einem Stadtteil mit schwieriger Sozialstruktur. Stadt und Frau legt ihren Schwerpunkt auf architektonische Lösungen für
frauengerechtes Wohnen. Sie betritt damit Neuland in einer Zeit, in der sozialen
Innovationen eher zurückhaltend begegnet wird. Im Unterschied dazu ist der Ansatz der
Wohnungsbaugenossenschaft GENOVA breiter angelegt, auch wenn ökologisches Bauen
eindeutig ein Schwergewicht darstellt. Gemeinsam ist ihnen allen das Ringen um neue
wohnreformerische Qualitäten. Ein Überblick zu den wohnungsgenossenschaftlichen
Entwicklungen in Deutschland rundet den Schwerpunkt ab.
Seite 6 bis 9.
Foto: Der älteste Bestand des Bauverein Breisgau: Mit dem Bau dieses Hauses in
der Emmendinger Straße in Freiburg wurde bereits 1903 begonnen.