Monatszeitung für Selbstorganisation
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AUTONOMES ZENTRUM KÖLN KALK»Der Traum ist Haus«Seit vielen Jahren wünscht sich die Kölner Autonome Szene ein richtig großes Haus, wo mensch sich versammeln kann, wo Partys, Konzerte, Lesungen, Filmvorführungen und vieles mehr veranstaltet werden kann. Im Frühling wurde das Traumhaus gefunden: die verlassene Werkskantine des Nutzfahrzeug- und Motorenherstellers Klöckner-Humboldt-Deutz (KHD) im rechtsrheinischen Stadtteil Kalk, einem Viertel, das aufgrund seiner überdurchschnittlichen Arbeitslosenquote und hoher Kriminalitätsrate als sozialer Brennpunkt gilt. Seit zehn Jahren stand das Kantinengebäude »op dr Schäl Sick« (hochdeutsch etwa: »auf der schlechten Seite«) leer. Im April 2010 wurde es von jungen Menschen rund um die Kölner »Kampagne Pyranha« besetzt und sogleich mit Leben gefüllt. Von Ariane Dettloff, Redaktion Köln # Eine Volxküche, ein Umsonstladen, ein Partyraum, eine Galerie und Ateliers, eine Bibliothek, ein Garten, ein Sport- und Jugendraum, ein Nachbarschaftscafé und eine Beratungsstelle für Hartz-IV-EmpfängerInnen wurden eingerichtet. Wer will, kann hier kommerzfrei workshops und Kurse aller Art anbieten. Im AZ in der Wiersbergstraße treffen sich nun verschiedene politische Gruppen und es begegnen sich unterschiedliche Milieus, ein sympathischer bunter Haufen, der sich breiter Unterstützung aus diversen Ecken erfreut – von Bezirksvertretern der Linken, der Grünen und der SPD bis zum Museumsdirektor. Dennoch droht die Räumung. Die Stadtsparkasse KölnBonn, der das Haus gehört, will keine Zwischennutzung zulassen, sondern pocht auf baldige Räumung und Abriss. Somit ist fraglich, ob die »pinkvermummten kreuz-und-queer-liebenden bäumeumarmenden aussteigenden Wesen« bei Erscheinen dieser CONTRASTE-Ausgabe sich noch im AZ Köln Kalk tummeln. Vielleicht hat die Stadt ja dann schon wie vor vier Jahren beim »Barmer Viertel« (siehe CONTRASTE-Ausgabe Sommer 2006) eine abgezäunte Brache an seiner Stelle angelegt. Versprochen haben die BesetzerInnen jedoch, sich nicht aufreiben zu lassen, sondern überall in Köln weiter ihr munteres solidarisches Wesen zu treiben. Im August sah das so aus: Die Sparkasse ließ den Strom abschalten, da er angeblich nicht bezahlt wurde, die BesetzerInnen sich somit des Diebstahls schuldig machten. Die »Kampagne Pyranha« versichert aber, das Geld für Nebenkosten überwiesen zu haben. Zugleich wurde seitens der Sparkasse angekündigt, die Wasserversorgung des Autonomen Zentrums abzustellen, woraufhin die Kampagne folgendermaßen reagierte: »Schenkt uns Wasser! Bringt diese Wasserspenden in Eimern, Flaschen, Kanistern, Planschbecken, etc. in die Filialen der Sparkasse KölnBonn. Stellt sie einfach hin, gebt sie am Schalter ab oder verlangt nach den FilialleiterInnen oder....« Der Nervenkrieg geht vorerst weiter. Trotz aller UnterstützerInnen aus der Nachbarschaft und aus Parteien mit höchst ungewissem Ausgang. GegnerInnen eines autonomen Freiraums wie des Kölner AZ könnte man folgende Gedanken des Bloggers Bert vom 6. August 2010 auf der Seite für ein Autonomes Zentrum in Dortmund ans Herz legen: »über geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten. eine lebendige stadt ist nunmal der ort, wo viele verschiedene menschen und lebensentwürfe zusammenkommen. und ja, es kommt zu berührungspunkten, austausch, auseinandersetzungen, die durchaus spannungen produzieren (aber dadurch eben auch als spannend empfunden werden). es ist stets »das andere«, wodurch sich die »wir« identität herausprägt. und nur mal so nebenbei: wenn du »das andere« ins off verbannst, weisst du ja gar nicht mehr wer du bist? die ewige drehung um die eigene achse hat bisher noch jedeN schwindelig gemacht. anstatt die warum-frage zu stellen, ist es womöglich höchste zeit das »warum nicht« zu fokussieren. was passiert, wenn nichts passiert?« (www.ruhrbarone.de/autonomes-zentrum-stattmuseumsruine/) Schwerpunktthema Seite 7 bis 10 |
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