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REGIONALBETREUUNG - EIN INSTRUMENT FÜR EINE EIGENSTÄNDIGE
REGIONALENTWICKLUNG
Eigenständige
Regionalentwicklung ist ein neuer Weg, durch den die Bevölkerung in
benachteiligten Berg- und Randgebieten eine nachhaltige Verbesserung ihrer
Arbeits- und Lebenssituation erreichen kann. Benachteiligte Berg- und
Randgebiete sind solche Regionen, die im Schatten des allgemeinen
wirtschaftlichen Aufschwungs in den letzten 25 Jahren standen, weil sie weder in
der Land- und Forstwirtschaft, noch im industriell-gewerblichen Bereich, noch im
Fremdenverkehr günstige Voraussetzungen haben und daher von der nationalen und
internationalen Konkurrenz an den Rand gedrängt wurden. Förderungsmaßnahmen
für die Randgebiete haben ihre wirtschaftliche Benachteiligung nicht
ausgeglichen. Dazu reichten weder die eingesetzten wirtschaftspolitischen
Instrumente, noch das politische Gewicht der Bevölkerung, die in den
traditionell wirtschaftlichen und politischen Interessenvertretungen von den
dominierenden starken Gruppen an den Rand gedrängt wurden. Zweifellos haben
auch die Einstellungen, Werte und das Verhalten der Bevölkerung in den
Randgebieten diesen Weg der Abdrängung an den Rand der wirtschaftlichen
Entwicklung und der politischen Einflußnahme erleichtert. Passivität,
Duldsamkeit und Mißtrauen gegenüber einem gemeinsamen Vorgehen haben dazu
geführt, daß viele initiative Menschen abgewandert sind und der Großteil der
übriggebliebenen Bevölkerung eher auf Lösungen von oben und von außen
wartet, anstatt selbst stärker die Initiative zu ergreifen. Durch den Weg einer
eigenständigen Regionalentwicklung sollen die Benachteiligungen der Berg- und
Randgebiete verringert werden.
ZIELE DER EIGENSTÄNDIGEN REGIONALENTWICKLUNG
- Eigeninitiative und gemeinschaftliche Selbsthilfe haben Vorrang vor
Lösungen von außen.
- Mobilisierung und Nutzung der eigenen Möglichkeiten, Fähigkeiten und
- Kenntnisse. Aufbau von neuen, selbstbestimmten Arbeits- und
Einkommensmöglichkeiten. Beteiligung und aktive Mitarbeit breiter
Bevölkerungskreise an der regionalen Entwicklung.
- Stärkung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen
- Zusammenarbeit in der Region und zwischen benachteiligten Regionen.
- Gemeinsame und energische Vertretung der Interessen der Bevölkerung der
benachteiligten Regionen in der Öffentlichkeit und gegenüber politischen
Institutionen.
- Nutzung vorhandener Förderungs- und Beratungseinrichtungen für die Ziele
der eigenständigen Regionalentwicklung.
- Solidarischer Widerstand gegen Maßnahmen und Praktiken, die den Spielraum
für eine eigenständige Entwicklung einengen und der Bevölkerung schaden.
In wirtschaftlicher Hinsicht heißt eigenständige
Regionalentwicklung Erhöhung der regionalen Wertschöpfung, der
Arbeitseinkommen und der Wettbewerbsfähigkeit durch:
In kultureller Hinsicht heißt eigenständige
Regionalentwicklung:
| Schaffung eines Klimas des Selbstvertrauens und der Zusammenarbeit, |
| Aufarbeitung entwicklungshemmender Verhaltensmuster und Strukturen, |
| Stärkung des Willens und der Fähigkeit zum gemeinsamen Verändern, |
| entwickeln eines stärkeren Regionalbewußtseins und einer neuen
kulturellen Identität. |
In politischer Hinsicht heißt eigenständige
Regionalentwicklung:
| Stärkung des Selbstbewußtseins und Selbstvertrauens gegenüber
regionalen und nationalen Eliten |
| verstärkte Kontrolle der Tätigkeit von politischen Mandataren und
Funktionären von unten |
| Einflußnahme auf die politischen Entscheidungsprozesse auch unabhängig
von den traditionellen Zugehörigkeiten zu Parteien und Berufsverbänden |
| Knüpfen von problem- und projektorientierten statt parteiorientierten
Bündnissen. |
Eigenständige Regionalentwicklung ist ein langfristiger,
schwieriger Veränderungsprozeß. Trotzdem bietet dieser Weg Möglichkeiten zum
sofortigen und konkreten Handeln.
(aus: „Regionalbetreuung. Jahresbericht
1982", BAF 1983)
Eigenständige Regionalentwicklung und -betreuung
Warum Regionalbetreuung?
Für die benachteiligten ländlichen Regionen gibt es eine
Vielzahl finanzieller Förderungsprogramme und auch Beratungsangebote von
Kammern und Berufsverbänden. Dennoch sind die Probleme dieser Gebiete in den
letzten Jahren größer und nicht kleiner geworden. Ein Grund dafür ist, daß
heute nicht zuwenig Geld zur Förderung von Projekten und Betrieben da ist,
sondern zuwenig Ideen, was in den benachteiligten Regionen wie entwickelt werden
könnte. Das betrifft neue Produkte, neue Vermarktungsstrategien, aber auch
bessere betriebliche Organisationsformen und die effektivere Gestaltung der
Produktion. Besonders mangelt es an initiativen Menschen, die nach diesen neuen
Lösungen suchen und sie realisieren.
Zur Beschaffung und Bereitstellung von Informationen und zur
Beratung von Betrieben leisten vorhandene Beratungseinrichtungen schon heute
einen wichtigen Beitrag. Die Regionalbetreuung konkurrenziert diese
Einrichtungen nicht. Sie ist eine Ergänzung.
Regionalbetreuung soll zusätzliche Ideen entwickeln und
Initiativen wecken:
| unkonventionelle initiative Projekte im wirtschaftlichen Bereich |
| gesellschaftlich und sozial Benachteiligten sowie Schwachen, Hilfe zur
Selbsthilfe leisten, die bisher durch den Rost der Förderung gefallen sind |
| Initiativen und Projekte, in denen Menschen im Rahmen der Nachbarschaft,
der Gemeinde oder der Region zusammenarbeiten. |
ZIELE UND AUFGABEN DER REGIONALBETREUUNG SIND:
1. Einbeziehung breiter Bevölkerungskreise in die Informations-
und Aktivierungsarbeit durch Bildungsangebote, Informationsveranstaltungen und
den Aufbau von aktiven Gruppen.
2. Unterstützung von örtlichen Initiativen in allen Bereichen,
wo sie Hilfe brauchen. Information, Beratung und organisatorische Unterstützung
derselben.
3. Entwickeln von Ideen und Vorschlägen, die geeignet sind, die
Einkommens- und Lebenssituation in der jeweiligen Region zu verbessern.
4. Mithilfe beim Abbau von Entwicklungshindernissen im
wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Bereich durch Bildungs-,
Informations- und Öffentlichkeitsarbeit.
DIE ARBEITSWEISE DER REGIONALBETREUUNG
Die zwei Standbeine der Regionalbetreuung sind:
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die veränderungsorientierte, kritische Erwachsenenbildung
und |
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die projektbegleitende wirtschaftliche Beratung. |
VERÄNDERUNGSORIENTIERTE KRITISCHE ERWACHSENENBILDUNG
Sie zielt auf die Verbesserung der Bedingungen und Fähigkeiten
zur:
| Zusammenarbeit in Gruppen und Projekten |
| kreativen Entwicklung von Ideen und Problemlösungen |
| Selbsthilfe und Selbstorganisation |
| Bewältigung der Konfliktsituation, die mit jedem Veränderungsprozeß
verbunden sind. |
PROJEKTBEGLEITENDE WIRTSCHAFTLICHE BERATUNG HEISST:
| Aufspürung von regionalen Entwicklungschancen und Projektmöglichkeiten |
| Suche nach Initiativen und innovativen Menschen in der Region |
| Beratung und Begleitung von Initiativen, wenn notwendig in einer
umfassenden Form von der Idee bis zum funktionierenden Betrieb |
| Hilfestellung bei der Durchsetzung von Vorhaben gegenüber Förderungs-
und Verwaltungsstellen |
| Nachbetreuung von Projekten. "Einspringen" und Hilfe in
kritischen Phasen. |
REGIONALBETREUUNG – ABGRENZUNG GEGENÜBER ANDERER FORMEN DER
BERATUNG UND DER SOZIALARBEIT
1. Regionalbetreuung ist eine kontinuierliche Tätigkeit im
direkten Kontakt mit allen Teilen der Erwerbsbevölkerung in allen
Wirtschaftssektoren in einer Region.
2. Regionalbetreuung ist eine aktivierende Tätigkeit.
3. Regionalbetreuung ist eine gebietsbezogene, nicht nur
betriebsbezogene Tätigkeit.
4. Regionalbetreuung ist eine kritische, auf Veränderung
orientierte Tätigkeit, keine Elitenförderung. Vor allem durch diese vier
Merkmale unterscheidet sich die Regionalbetreuung von einer TRADITIONELLEN
BERATUNGSTÄTIGKEIT.
5. Regionalbetreuung ist auf die Entstehung neuer
Wirtschaftsbetriebe bzw. Produktionszweige und auf die Verbesserung der
Wirtschaftsbedingungen und Zukunftsaussichten bestehende Betriebe orientiert.
6. Die Zielgruppe der Regionalbetreuung umfaßt nur Personen im
Erwerbsalter, hier allerdings nicht nur pauperisierte Gruppen (also keine
Jugendlichen in schulpflichtigem Alter, keine Pensionisten aber z.B. auch
Unternehmer).
DURCH DIESE BEIDEN MERKMALE UNTERSCHEIDET SICH DIE
REGIONALBETREUUNG VON DER SOZIALARBEIT UND VON DER GEMEINWESENARBEIT, SOFERN
SICH LETZTERE PRIMÄR ALS EINE METHODE ZUR ARMUTSBEKÄMPFUNG VERSTEHT.
DER AUFGABENBEREICH DER REGIONALBETREUUNG ist umfangreich und
nur schwer in einen standardisierten Katalog zu fassen. Wichtige Aufgaben sind:
| Laufende Informations- und Bildungsarbeit. Entsprechend dem Ansatz einer
aktionsorientierten Bildungsarbeit |
| Suche nach Aktivisten. Die Gewinnung von Mitarbeitern ist Voraussetzung
für eine wirksame Regionalarbeit. Es ist daher sehr wichtig, Aktionsgruppen
aufzubauen, um eine zunehmend breitere Basis für die anfallenden Arbeiten
und für die Verwirklichung von Projekten zu schaffen. |
| Suche nach möglichen Ansatzpunkten für Projekte. Eine wichtige
Voraussetzung für die Arbeit eines Regionalbetreuers liegt in der
möglichst genauen Kenntnis der wirtschaftlichen Situation in der Region,
der Ansatzpunkte für wirtschaftliche Projekte und der Probleme einzelner
Betriebe bzw. Gruppen der Arbeitsbevölkerung. Durch gezielte
Öffentlichkeitsarbeit können Interessenten gefunden werden. |
| Beratung und Begleitung von Projekten. Wenn sich Interessierte zu einem
gemeinschaftlichen Projekt entschließen, brauchen sie vor allem
Unterstützung in folgenden Bereichen: Entscheidungsstrukturen,
Organisationsformen, Recht, Betriebswirtschaft, Marketing, Rechnungswesen,
Finanzierung, Interessensdurchsetzung gegenüber der Umwelt,
Konfliktberatung. Meistens ist es erforderlich, eine zeitlang in der
Projektgruppe mitzuarbeiten, und bei der Erarbeitung und Klärung der
aufgezählten Probleme zu helfen und die notwendigen Kontakte zu vermitteln.
Wichtig ist, daß die Mitglieder dieser Projektgruppe selbst an der Lösung
aller anfallenden Aufgaben arbeiten. Ebenso notwendig ist es, daß der
Regionalbetreuer die Gruppe durch Zurverfügungstellung seines Büros und
der notwendigen Büroeinrichtungen unterstützt. |
| Hilfestellung bei der Durchsetzung von Projekten. Bei der Durchführung
von innovatorischen Projekten gibt es fast immer große Widerstände. Diese
verstärken die oft vorhandenen Unsicherheiten und Erfahrungsmängel in der
Gruppe. Wichtige Aufgaben des Regionalbetreuers sind: |
| Widerstände durchschauen und mit der Gruppe besprechen, geeignete
Strategien und Aktionen zu überlegen und zu diskutieren |
| Aufbau eines Netzes von Sympathisanten und Verbündeten |
| gezielte Öffentlichkeitsarbeit in Zusammenarbeit mit der Gruppe |
| Hilfe bei der Gestaltung des Informationsmaterials, Beratung über die
rechtlichen Bedingungen bei der Öffentlichkeitsarbeit. |
| Vermittlungs- und Kontaktherstellung. Weil neue Projekte oft bei den
örtlichen Stellen und Funktionären auf großen Widerstand stoßen, ist es
wichtig, diese laufend über die Projektziele und über den Projektlauf zu
informieren. Besonders notwendig ist es auch, mit Organisationen und
Initiativen zusammenzuarbeiten, die selbst für eine Verbesserung der
Arbeits- und Lebensverhältnisse in benachteiligten Regionen tätig sind.
Auch innerhalb der bestehenden Parteien gibt es immer wieder Funktionäre,
die Verständnis für Innovationsprojekte haben. Erst durch ein dichtes Netz
von Kontakten und Bündnissen kann ein Klima geschaffen werden, das neuen
Projekten eine Überlebenschance gibt. |
| Persönlicher Rückhalt und Weiterbildung. Die Begleitung von Projekten,
besonders in schwierigen Phasen bedeutet für den Regionalbetreuer eine
große persönliche Anstrengung. Es besteht zumeist ein hoher
Erwartungsdruck von den Projektgruppen und von Seiten der Auftrag- und
Geldgeber, sowie von Seiten der Organisation, der sich ein Regionalbetreuer
verantwortlich fühlt. Dazu kommt der persönliche Wunsch nach Erfolg und
die Widerstände von außen, Mißerfolge und Rückschläge. Um diese
Aufgaben bewältigen zu können, benötigt der Regionalbetreuer
persönlichen Rückhalt, kontinuierlichen Erfahrungsaustausch bei
Gleichgesinnten und eine gezielte persönliche Weiterbildung. |
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