300 LINKE UND ALTERNATIVE MEDIENMACHERiNNEN BEIM »GIPFELTREFFEN«
Häufig fehlt das Sprachrohr für gewünschte Veränderungen
Es gibt sie, die Mehrheit links der Mitte, wie
sie bereits Willy Brandt prognostizierte. Zwei Jahrzehnte nach dem Zusammenbruch
des Staatssozialismus sind linke Grundhaltungen nicht länger ernsthaft dem
Vorwurf totalitärer Tendenzen ausgeliefert. Das beweisen eindrucksvoll die
jüngsten Landtagswahlen und veranlassen jetzt die CSU zu einem »Kreuzzug«
gegen Linke.
Christoph Nitz / Bernd Hüttner # Linkes
Selbstverständnis ist in Deutschland daher nicht eine Frage der Doktrin oder
der sich links nennenden demokratischen Parteien. Vielmehr ist es die
Überzeugung breiter Schichten der Bevölkerung, dass das zentrale Thema im 21.
Jahrhundert die soziale Gerechtigkeit ist und zwangsläufig auch sein muss.
Heute können daher der Mehrheit links der Mitte sogar weite Teile der Mitte
selbst zugerechnet werden: Über Partei- und Milieugrenzen hinweg gibt es die
Forderung nach links orientierten humanitären, ökologischen und sozialen
Standards.
Unterstützung dafür kommt auch von den Medien, die den linken Parteien
eigentlich eher skeptisch gegenüber stehen, deren Konsumenten aber in den
kritischen Bildungseliten, dem engagierten Bürgertum und der in ihrer Existenz
bedrohten Arbeitnehmermitte zu finden sind und deren gemeinsame Basis der
zentrale Wert Gerechtigkeit ist.
Linke Politik oder linke Forderungen sind in Deutschland an vielen Stellen
nicht vom vielfältigen zivilgesellschaftlichen Engagement zu trennen – dem
allerdings häufig das Sprachrohr fehlt. Sie alle – die parteipolitisch
Engagierten, aber auch diejenigen, die sich in Initiativen und Vereinen für das
Gemeinwohl einsetzen – gilt es, in den Diskurs zu bringen, ihre Medienarbeit
zu fördern und zu verbessern und sie in ihrer solidarischen Arbeit besonders
für benachteiligte Milieus zu unterstützen.
Die fünfte Akademie für linke Medienmacher/innen brachte mehr als 300
Akteure zusammen, die sich der demokratischen Gesellschaft und ihren Debatten
nicht verweigern wollten und die diese Herausforderung zum echten Dialog
annahmen. Die oft selbst gewählte Isolation passt nicht zusammen mit dem
Wunsch, breite Mehrheiten für linke Politik – besonders für einen
demokratischen Sozialismus – zu gewinnen. Bereits Willi Münzenberg hat
erkannt, dass mit der »vierten Gewalt« – den Medien – ein wichtiges
Korrektiv vorhanden ist, das sich die breite Linke nutzbar machen muss. Der
Erfolg des von ihm geschaffenen einflussreichen, zweitgrößten und noch dazu
linken Medienkonzerns der Weimarer Republik gründete in seiner Erkenntnis, dem
Denken und Interesse unterschiedlicher Milieus nahe sein zu müssen, um breitere
Massen zu erreichen. Nicht theoretisch und doktrinär, sondern lebensnah und
authentisch banden seine Medien Menschen unterschiedlicher Überzeugung an linke
Ideen.
Will die Linke politischen Erfolg haben, kann sie sich selbst und andere
nicht vom Dialog ausschließen. Sie kann es vor allem nicht aufgrund von
ideologischen Unterschieden, die eigentlich überwindbar sind. Die Mehrheit
links der Mitte benötigt zwischen nicht hinterfragten Absolutheiten und fader
Beliebigkeit natürlich ein klares Profil. Es ist selbstbewusst, stiftet
Identität und Sinn, überzeugt – und ist sich dabei der pluralen
demokratischen wie linken Lage bewusst und bevormundet nicht. Wer Menschen
bewegen will, muss ihnen ausreichend Grund dafür bieten. Im kommenden Jahr soll
die 6. Akademie für linke Medienmacher/innen – geplant vom 5. bis 8. März
2009 in Berlin – den Austausch über linke Standpunkte fördern. Das Programm
wird um einen Tag für die »Junge linke Medienakademie« erweitert.
Linker und alternativer Journalismus ist vielfältig, selbstbewusst,
diskussionsfreudig und zielorientiert – die Akademie soll als
»Gipfeltreffen« hochwertige fachliche Weiterbildung offerieren, politische
Diskussionen befördern und ein »Netzwerk« linker und alternativer
Medienmacher knüpfen. Jede/r ist herzlich eingeladen, Ideen einzubringen: info(at)linke-medienakademie.de
Christoph Nitz ist Vorsitzender der Interessenvertretung Linker
Medienmacher und gemeinsam mit Bernd Hüttner Projektleiter der Linken
Medienakademie.
Schwerpunktthema Seite 7 bis 9
SCHWERPUNKTTHEMA
»Inhalte brauchen Qualität – Qualität braucht Inhalte«
Seite 7
Russische Medien Journalisten in der »gelenkten« Demokratie
Seite 7
Politische und historische Aspekte Das Projekt einer linken Ästhetik
Seite 8
Blogs, Newsletter und mehr Formen politischer Kommunikation im virtuellen
Raum
Seite 9