ÖFFENTLICH GEFÖRDERTER BESCHÄFTIGUNGSSEKTOR
Ein Beitrag zum sozialen und ökologischen Umbau der
Gesellschaft?
In der Bundesrepublik hat sich in
den vergangenen Jahren gezeigt: Allein mit Wachstum kann die Massenarbeitslosigkeit nicht
beseitigt werden. Immer weniger Menschen produzieren in immer kürzerer Zeit immer mehr
und selbst bei günstiger Wirtschaftsentwicklung wird es weitere Arbeitsplatzverluste
geben. In wenigen Jahren wird nur noch ein Bruchteil aller Erwerbstätigen gebraucht, um
die benötigten Waren und Dienstleistungen herzustellen.
Heidi Knake-Werner, Bonn - Auf diese Entwicklung hat selbst die neoliberale
Politik der alten Bundesregierung arbeitsmarktpolitisch mit öffentlich geförderter
Beschäftigung reagiert, und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen angeboten. Allerdings mit
der Tendenz, diese immer schlechter auszugestalten. So gab es, mit Ausnahme des Wahljahrs
1998, immer weniger ABM-Stellen, die Laufzeiten wurden immer kürzer und die Entlohnung
niedriger. Mit der Neuauflage des Beschäftigungsförderungsgesetzes und der Überführung
des Arbeitsförderungsgesetzes ins Sozialgesetzbuch III wurde die Erosion des sogenannten
regulären Arbeitsverhältnisses vorangetrieben und das Heuern und Feuern wurde z.B. durch
die erleichterte Befristung von Arbeitsverhältnissen befördert.
Sinnvoll wäre dagegen gewesen, die Arbeitsmarktpolitik deutlich auszubauen und sie auf
hohem Niveau zu verstetigen. Vorschläge aus den Reihen der damaligen Opposition gab es
zuhauf. Die SPD legte bspw. ein Arbeits- und Strukturförderungsgesetz und die PDS einen
Antrag auf Einrichtung eines Öffentlich geförderten Beschäftigungssektors im Bundestag
vor. Für beides fand sich keine Mehrheit. Nun hat die PDS in den Koalitionsverhandlungen
mit der SPD in Mecklenburg-Vorpommern einen Modellversuch zum ÖBS mit 500 Arbeitsplätzen
durchgesetzt. Das qualitativ Neue dieses Modellversuchs im Vergleich zur herkömmlichen
Arbeitsmarktpolitik besteht darin, daß durch die Projekteförderung ein wichtiger Schritt
zur Verstetigung in dieser Struktur getan und kein Billiglohnsektor etabliert wird und
Momente der Wirtschaftlichkeit zum Tragen kommen. Kritisch zu bewerten ist die
ausschließliche Orientierung an beschäftigungspolitischen Aspekten. Dabei ist der
öffentlich geförderte Beschäftigungssektor immer auch viel mehr. Er soll einen Beitrag
für den notwendigen sozialen und ökologischen Umbau der Gesellschaft leisten, ihre
Reproduktionsfähigkeit erhöhen und die kaum abzuschätzenden Langzeitkosten der
Massenarbeitslosigkeit verringern. In der Entwicklung des ÖBS können sich im Interesse
einer am Bedarf der Bevölkerung orientierten Daseinsvorsorge beschäftigungspolitische,
soziale und ökologische Ziele vereinigen. Der ÖBS als eigener Sektor zwischen
Öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft ist damit ein Zukunftsprojekt.
Anknüpfungspunkte in anderen Bundesländern
gibt es bereits. In Sachsen-Anhalt ist ein Feststellenprogramm für Jugendarbeit aufgelegt
worden. Aus Landesmitteln werden Dauerarbeitsplätze von SozialarbeiterInnen in
ausgewählten Jugendprojekten in den Kreisen des Landes finanziert. Das ist ein Beispiel
für die Verstetigung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen, die gleichzeitig dauerhaft die
gesellschaftliche Daseinsvorsorge unterstützen.
Ein Modellprojekt fördert Frauen ab 55. Sie
sollen die Chance erhalten, durch Langzeitförderungen die Zeit bis zur Rente zu
überbrücken. Gut ausgestaltet und vor allem in größerem und damit wirksamerem Umfang
aufgelegt, zeigen solche Initiativen, daß auf Dauer angelegte Projekte im ÖBS nicht nur
Arbeitsplätze schaffen, sondern die soziale, ökologische und kulturelle Lebensumwelt
verbessern.
Heidi Knake-Werner ist stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion und
arbeitsmarktpolitische Sprecherin der PDS