Monatszeitung für Selbstorganisation
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Tagung Alternative FinanzierungskonzepteNachbetrachtungVom 21.11. bis zum 23.11. fand in Berlin aus Anlaß der Gründung der „Haftungsassoziation" eine Tagung statt mit dem vielversprechenden Namen: „Alternative Finanzierungskonzepte". Zusammengeströmt waren Banker, Politiker, Gewerkschaftler, Wissenschaftler, Berater und vereinzelt Kollektivisten. Was als Begegnung „zweier Finanzkulturen“ angekündigt war, offenbarte bald seine wahre Struktur. So wurde in der Arbeitsgruppe l (staatliche Finanzierung) das Auditorium (von ca. 60-70 Leuten) gebeten, sich zu erkennen zu geben, und siehe, es waren tatsächlich 4 (in Worten vier) Kollektivisten anwesend. So kann es kaum verwundern, daß das harmonische oberflächliche Tagungspalaver nur selten durch kritische Mißtöne gefärbt wurde, die jedoch in geradezu konspirativer Zusammenarbeit zwischen Moderator/in und geladenen Referenten glattgebügelt wurden. Ein Höhepunkt, der mir im „Bankenforum“ zuteil wurde, waren die tiefschürfenden Erkenntnisse, daß Banken bei der Vergabe von Krediten in erster Linie ihrer hohen Verantwortung gerecht werden müßten, da sie ja mit dem Geld anderer Leute arbeiten (3. Welt Kredite), und daß daher ein hohes Bewertungskriterium „die Professionalität des alternativen Managements" sei! Ähnlich wegweisend waren die Schlußfolgerungen zweier Berliner Wirtschaftsprofessoren, die Platitüden und Binsenweisheiten („Einnahmen sind nicht der Gewinn") in eine verwissentschaftliche Sprache gossen, es läge alles an mangelnder gegenseitiger Information, so daß man sich eben nur richtig verkaufen müsse, um überzeugen zu können nach dem Motto: Mach' aus vier Kollektivisten einen Chef und drei Mitarbeiter, vergiß auch den alten Konfirmationsanzug als Argument nicht. Daß die Überlegungen der Wirtschaftsprofessoren nur geringfügig von denen der Banker abwichen, konnte den staatskritischen Selbstverwalter natürlich kaum verwundern. Um so überraschender dann die Ausführungen des Vertreters des alternativen Beratungskollektivs Wirtschaftswunder Frankfurt, die ihren Niederschlag fanden in der Aussage: „Unter den genannten Bedingungen (Eigenkapitalknappheit) und dem gegebenen ökonomischen Druck, müssen die Kollektive lernen, sich einiges der Inhalte abzuschminken." So steuert die Tagung einen Kurs, der aus der Zusammensetzung der Teilnehmer wohl auch vorbestimmt war, nämlich auf verschiedensten Ebenen, den alternativen und selbstverwalteten Projekten das Gebot der Stunde vor Augen zu führen und einen Trend einzuleiten, der nur wohlwollend mit Anpassung" zu umschreiben ist. Andererseits hat diese Tagung ganz deutlich gezeigt, weshalb es den „Überfliegern“ so leicht fällt, zu verwinden und zu verdrehen, zu interpretieren und zu programmieren. Es fehlt die eigene Überzeugungskraft, die kämpferische Identität, die Selbstvertrauen schafft. An ihrer Stelle steht ein nebulöses Gebilde von Ansprüchen und Inhalten verschiedenster (Ausprägung, gepaart mit Widersprüchen selbst im eigenen Projekt. Die permanente eigene Nabelschau ist jedoch nicht geeignet, politische und ökononische Programme und Strategien zu entwerfen. So befindet sich die Selbstverwaltungswirtschaft m.E. im Augenblick vor einer schweren Entscheidung. Wir haben eine wirtschaftliche Größenordnung erreicht, die über die Hinterhofbastelstubenmentalität hinausgewachsen ist. Das haben auch die „Anderen“ bemerkt und aus Furcht vor dem Potential, das da entstehen könnte, gibt man sich integrativ, wohlwissend, wo unsere Schwächen liegen, womit man uns ködern kann! Wir werden unseren Weg nur durchhalten können, wenn „ihre Professionalität" nicht die unsere wird! Sollte es noch unserer Überzeugung entsprechen, daß unsere Inhalte die Besseren sind, daß unsere Waren die Besseren sind, daß unsere Motivation höher ist, dann fehlt uns nur das Instrumentarium, um es an den Mann/die Frau zu bringen. Und genau hier liegen meiner Meinung nach die Defizite, wo wir professioneller werden müssen — aber auf unsere Art. Hucky Heck, Radschlag Bremen |
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