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SENIORENSTÜTZENDE GENOSSENSCHAFTEN
Alte, wollt Ihr ewig leben?
Demographischer Wandel zwischen Fatalismus und neuem Kommunitarismus
Foto: Bernd Hartung
Zwingt die demographische Situation, wie sie
in dem Film »2030 – Aufstand der Alten« dargestellt wird, tatsächlich die
Staaten, über Wege nachzudenken, wie sie sich der Alten kostensparend
entledigen können? Oder haben wir bereits die Lösung? Von der Politik und von
der Wissenschaft liegen zahlreiche mehr, oft weniger kluge Ausführungen dazu
vor. In diesem Schwerpunkt wird bei den zahlreich vorhandenen innovativen
Ansätzen im Genossenschaftssektor nach Anstößen gesucht. Sie zeigen, wie das
Ganze in Sozialgenossenschaften durch eine Mischung von Professionalität und
Ehrenamt bereits auf vielfältige Weise angegangen wird.
Von Burghard Flieger, Red. Genossenschaften #
Das regelmäßige Beschwören der negativen Folgen des demographischen Wandels
findet seine Wurzeln bereits in den Entwicklungen Mitte der achtziger Jahre.
Schon hier war die Entwicklung zu einer alternden Gesellschaft klar erkennbar.
Jeder, der wollte, konnte schon damals die zu erwartenden Auswirkungen sehen:
| Zunehmende Lebenserwartung und Rentenbezugsdauer. |
| Mehr Ältere, die Rente beziehen, Hilfen im Alltag und ggf. Pflege
brauchen. |
| Weniger Jüngere, die in die Sozialsysteme einzahlen und als Mitarbeiter
in der Altenpflege zur Verfügung stehen. |
| Stagnierende Renten. |
Verbreiten durch Imitation
Der Schwerpunkt seniorenstützende Genossenschaften gibt einen guten ersten
Einblick in die vielfältigen Beispiele, die auf einzelwirtschaftlicher Ebene
bereits eigene Lösungen umsetzen. Einige sind schon beeindruckend stabil und
überzeugend. Viele müssen aufgrund ihrer Jugend noch die eine oder andere
Bewährungsprobe überstehen, um Kraft ihres Beispiels zu verstärkter
Nachahmung anzuregen. Es wird bewusst nicht der Begriff Seniorengenossenschaften
verwendet, da bei einem Teil dieser Genossenschaften nicht die Senioren die
Träger bzw. Mitglieder der Genossenschaften sind. Gleichzeitig kann auf zwei
Trends bei den Genossenschaften hingewiesen werden. Bei einigen stehen
Dienstleistungen für Senioren im Mittelpunkt, andere gehen stärker von dem
Bedürfnis des Wohnens aus, so dass hier der Charakter einer
Wohnungsbaugenossenschaft mit besonderer Ausrichtung dominiert. Die sinnvolle
Verknüpfung von beidem erweist sich offensichtlich zumindest in der Startphase
oft als schwierig, so dass hier bei vielen Genossenschaftsansätzen erst im
Zeitverlauf zusammenwächst, was gut zusammenpasst.
Dienstleistung und Wohnen
Wohnen spielt bei der »Familiengenossenschaft« aus der
Metropolregion Rhein-Neckar keine Rolle. Sie kommt aus der qualifizierten
Kinderbetreuung und erweitert diesen Ansatz mittlerweile mit der
Seniorenbetreuung. Dagegen steuert das Netzwerk »Wir für uns« (WfU)
direkt darauf zu, ältere Mitbürger zu unterstützen, um ihnen möglichst lange
ein selbstbestimmtes Leben zu Hause zu ermöglichen. WfU will das vorhandene
Seniorenangebot in der Gemeinde Heroldsbach ergänzen. Im Unterschied zur »Seniorengenossenschaft
Riedlingen e.V.«, setzt sie dies in der Rechtsform der Genossenschaft um.
Diese Rechtsform war auch Anliegen der Riedlinger, die bundesweit mittlerweile
das Vorzeigeprojekt sind. Die Vereinskonstruktion ermöglicht aber steuerliche
Vereinfachungen wie Verzicht auf die Mehrwertsteuer und Arbeiten mit der
Übungsleiterpauschale, so dass auf die ursprünglich vorgesehene Umwandlung
verzichtet wurde. Die »sen.FIT«, Wohnungsgenossenschaft für ALT +
JUNG, stellt vor allem das Wohnen in den Vordergrund. Als Dachgenossenschaft
will sie vielen kleinen Wohnprojekten die genossenschaftlichen Vorteile
ermöglichen. Jedes Wohnprojekt soll im Bereich der Dienstleistungen nach
eigenen Lösungen suchen. Dagegen werden bei der Genossenschaft »Senioren
Wohnen« in Neukirchen mit dem Wohnen unmittelbar neue Wohn-, Pflege- und
Betreuungsformen für ein würdevolles Altern verbunden. Das Besondere ist der
Wohngemeinschaftsansatz, der diesen Ansatz so sympathisch macht. Er gleicht hier
der »Sozialgenossenschaft WoGA Pfullendorf eG«, die aber das Ganze
strategischer angeht und austestet, ob sich Bürger verstärkt als Investoren
einbinden lassen.
Schwerpunktthema Seite 7 bis 10 |