Monatszeitung für Selbstorganisation
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20. BIS 22. MAI 2011 IN BERLIN AN DER TECHNISCHEN UNIVERSITÄT (TU)Kongress »Jenseits des Wachstums?!«Mit 2.500 TeilnehmerInnen war der Attac-Kongress »Jenseits des Wachstums?!« vollkommen überlaufen. Die Hörsäle und Seminarräume platzten aus allen Nähten, es war heiß und stickig, manchmal führte allein die Enge zu gereizter Stimmung. Aber natürlich gab es auch eine Reihe inhaltlicher Kontroversen. Von Elisabeth Voß, Redaktion Berlin # Einig waren sich die TeilnehmerInnen wohl nur darin, dass sich etwas ändern muss. Zum Auftakt stellte die indische Trägerin des Alternativen Nobelpreises, Vandana Shiva, fest, wir müssten »... neue Maßstäbe jenseits des Geldes einführen und Wirtschaftssysteme jenseits des globalen Supermarktes schaffen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die eigentliche Währung des Lebens das Leben selbst ist.« In eine ähnliche Richtung weist das Konzept des »Buen Vivir«. Dieses »gute Leben« mit Verfassungsrang in Bolivien und Ecuador zielt auf »... ein vom Kapitalismus abweichendes System, das Gerechtigkeit, Freiheit und Gleichheit und natürlich auch die ökologische Nachhaltigkeit in sich vereint«, wie Alberto Acosta, der ehemalige Energieminister von Ecuador, betonte. Schon bei der Analyse gingen die Auffassungen auseinander. Wohnt der Wachstumszwang dem Kapitalismus inne, oder liegt ihm menschliche Gier zugrunde? Wird zu viel konsumiert, heizen die Zinsen das Wachstum an, oder resultiert es aus der »Fremdversorgung « (Niko Paech)? Und was hat das Geschlechterverhältnis damit zu tun? Immer wieder tauchte auch die Frage auf, ob nicht eine Schrumpfung auf den globalen Norden begrenzt bleiben sollte, weil die Länder des Südens ein Recht auf nachholende Entwicklung haben. Wie eine Wirtschaft jenseits des Wachstums aussehen kann, und welche Lösungen für eine klimaschonende und gerechte Ressourcen- und Energiennutzung gefunden werden sollten, wurde sehr kontrovers diskutiert. Die Vorstellungen reichten von einem »Green New Deal« im Rahmen des Kapitalismus über Arbeitszeitverkürzung, Solidarische Ökonomien und andere Transformationsstrategien bis zu strikter Regionalisierung und Selbstversorgung als Ausstieg aus der Marktwirtschaft. Diese Vielfalt der Alternativen stellt einen großen Reichtum dar, erschwert aber vermutlich die Entwicklung konsensfähiger gemeinsamer Handlungsfelder. Mein Eindruck war, dass die Überlegungen, was sein sollte, im Vordergrund standen, während die Frage, wie und durch wen ganz konkret solche Übergänge entschieden und gestaltet werden könnten, eher nur am Rande vorkamen. Vielleicht führte auch der häufig spürbare Zeitdruck und die Fülle prominenter ReferentInnen dazu, dass – wie so oft bei solchen Kongressen – viel Input gegeben wurde, aber wenig Raum zum Gedankenaustausch und zur gründlicheren Reflektion blieb. Entspannung gab es zwischendurch bei Kontakt-Improvisation, künstlerischen Interventionen und im Freien an der »Attacafeteria«. Der VoKü ist es bewundernswert gelungen, trotz riesiger Warteschlangen, relativ zügig die TeilnehmerInnen lecker satt zu bekommen. Der Wachstums-Kongress wurde durch viele Organisationen unterstützt. Die drei großen parteinahen Stiftungen Friedrich Ebert (SPD), Heinrich Böll (Grüne) und Rosa Luxemburg (Linke), sowie die Otto Brenner Stiftung der Gewerkschaft IG Metall waren Kooperationspartner, und damit werden die Impulse aus dem Kongress in breite Kreise der politischen Szene hineinwirken. Dass so unverhofft viele, besonders auch junge Menschen zum Kongress kamen, kann als großer Erfolg und als starkes Signal der Offenheit für neue Antworten auf drängende gesellschaftliche Fragen verstanden werden. CONTRASTE war mit dem Wachstums- Schwerpunkt im April als Partner am Kongress beteiligt. |
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