Thema: Beratung
Auch die alternativen (Betriebs-,
Unternehmens-, Steuer-, Versicherungs- usw .) Berater werden sich bei den
Wintertagen zu Erfahrungsaustausch und
Grundsatzdiskussionen treffen. Wir hoffen,
daß diese Treffen auch die Frage der Beratung an sich und der Probleme, die
sich aus dieser Funktion zwangsläufig auch ergeben, zum Thema haben und auch
Nicht-Beratern zugänglich sind, den Betroffenen sozusagen.
Ein Ansatz, allzu viel Professionalisierung
und - parallel - Abhängigkeit der Projekte und Betriebe von diesen Profis zu
verhindern, ist in NRW in der Diskussion: BERATUNG ZUR KOOPERATION und PROJEKTE
BERATEN PROJEKTE. Wir stellen diesen Ansatz vor und zur Diskussion:
Ein ENTWURF für die BERATUNG und VERNETZUNG
der Alternativ- und Selbsthilfeprojekte beim NETZWERK SELBSTHILFE
RUHR-GEBIET-OSTe.V.
Was ist das Besondere der Alternativprojekte:
- Nicht die ursprüngliche Ausbildung wird zum Beruf, sondern
die eigenen Bedürfnisse, Wünsche, Fähigkeiten, also die innere Motivation
prägen die Tätigkeiten des späteren Projektes.
- Oft steht das Hobby/Engagement am Anfang des Projektes,
später wird es erweitert, man/frau trifft Gleichgesinnte, Freunde - ein Projekt
entsteht.
- Erste Aufträge/Tätigkeiten kommen durch das Umfeld
(Freunde, Verwandte, Bekannte). Der Kreis der Interessierten am Produkt und der
Dienstleistung erweitert sich langsam; eine eigene
Rechtsform entsteht, es wird offiziell.
- Alternativprojekte wollen nicht primär eigene
Arbeitsplätze schaffen, sondern LEBENSPLÄTZE, d.h. nicht die Arbeit als solche
steht im Vordergrund – Lebensunterhaltssicherung -, sondern die Arbeit in das
Leben integrieren.
- Daraus ergibt sich, daß Alternativprojekte nicht aufgeteilt
werden können in ökonomische, kulturelle und soziale, denn Leben besteht nicht
nur aus Arbeit.
- Gerade die Arbeit/Ökonomie soll wieder menschliche, d.h.
auch kulturelle und soziale Dimensionen bekommen.
- Aus dieser Sichtweise wird das Bedürfnis nach Leben und
Arbeiten in der Gruppe deutlich - daß das Zwischenmenschliche genauso zur
Arbeit gehört, wie das Handwerkliche und die Dienstleistung.
- Langsames Projektwachstum
- Keine Hierarchie, sondern Gleichberechtigung, Austausch der
Fertigkeiten, wenn Arbeitsteilung, dann rotierend oder in Absprache.
- Aufhebung geschlechtsspezifischer Rollen und der Hand- und
Kopfarbeit.
- Gemeinsame Verantwortung - Gruppenarbeit - Kollektivität
und eigene Aneignung der Ausbildung/ Weiterbildung durch Weitergabe von
Fähigkeiten und Wissen untereinander.
- Die eigene Motivation der Mitglieder ist der Motor des
Projekts und nicht Fremdbestimmung oder äußere und materielle Anreize, sondern
Selbstverantwortung bestimmen das Leben, Arbeiten und Lernen im Projekt.
- Die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Tuns unter
Einbeziehung der gesamten Umwelt/Umfeld wird gestellt.
- Umwelt- und Sozialverträglichkeit der Produkte und
Dienstleistungen. Nicht Tausch- sondern Gebrauchswertorientierung.
- Nicht für, sondern mit den Betroffenen oder Verbrauchern,
sie werden mit einbezogen in die Planung, Gestaltung etc.
- Daraus ergibt sich, daß viele Projekte in Marktnischen
stoßen, die von der Wirtschaftsgesellschaft nicht aufgenommen bzw. außen
vorgelassen werden.
- Alte handwerkliche Fertigkeiten werden ausgegraben,
wiederbelebt.
- Oft werden neue Modelle, Lebensformen, Produkte entworfen,
erprobt und umgesetzt. Vorreiterfunktion.
- Neue Bedürfnisse aufgegriffen, befriedigt. Neue Zeichen
gesetzt.
Problembeschreibung - Bedarf nach besonderer, spezieller
Beratung:
Da die Sichtweise der Projekte bzw. ihrer Mitglieder nicht
direkt ökonomischer Art ist, sondern lebensbezogen, werden wichtige -
überlebensnotwendige Bereiche, die der Ökonomie, wie Buchführung,
Steuerrecht, geeignete Rechtsformen, Eigenkapitalbildung, Finanzierung,
Arbeitsorganisation, Kalkulation, Vertrieb und Absatz, Werbung,
Öffentlichkeitsarbeit usw. vernachlässigt oder nur unzureichend, da nicht
erlernt und nicht die Motivation, angewandt und umgesetzt.
Außerdem leben die Projekte in und mit einer Umwelt, die
bestimmte Anforderungen an sie stellt, wie: Finanzamt, Handwerkskammer,
Industrie- und Handelskammer,
Arbeitsamt, Gewerbeaufsichtsamt, Sozialversicherungsträger.
Es entsteht ein Defizit, bzw. eine Überforderung der Mitglieder der Projekte.
Es existieren wenige alternative Modelle/Unterstützungen in
den oben genannten Bereichen, die auf diese Projekte zugeschnitten sind, bzw.
deren Art von Leben und Arbeiten berücksichtigt.
Da viele Projekte aufgrund des Fehlens geeigneter
Modelle/Unterstützung, diese selbst mühsam erarbeiten müssen, sind sie
ständig in ihrer Existenz gefährdet.
Zur Verbesserung der Stabilisierung benötigen die Projekte
daher einen ständigen intensiven Austausch über ihre bisherigen Erfahrungen,
Situation, um geeignetere Modelle und Formen im Bereich
der Ökonomie zu entwickeln, die ihrem Selbsthilfecharakter und sozialen,
kulturellen Engagement angepaßt sind.
Die Organisierung und Weiterentwicklung dieses Austausches zur
Entwicklung von geeigneten Formen der Ökonomie können die Projekte nicht
alleine ohne Hilfe umsetzen, daher der Bedarf nach
BERATUNG ZUR KOOPERATION.
Beratung zur Kooperation und Projekte beraten Projekte:
Beratung zur Kooperation soll sich nicht orientieren an
klassischen Beratungskonzepten, wie Fachberatung, Betriebs- und Sozialberatung,
Berater und Beratender, Fachmann und Klient usw., sondern
soll gemäß dem Prinzip "Selbsthilfe" arbeiten, d.h. die Projekte in
ihrer bisherigen Beratungstätigkeit/ Austausch und damit Kooperation untereinander
unterstützen, deren Erfahrungen sammeln, dokumentieren, koordinieren und mit
den Projekten weiterentwickeln.
Die Erfahrungen der bestehenden Projekte sind enorm und werden
oft nicht wahrgenommen.
Projekte beraten Projekte ist eine ALLTAGSBERATUNG - Gleiche
unter Gleichen - eine Vermittlungsart, die davon Abstand nimmt, andere zu
belehren, den kaufmännischen Berufsschulunterricht nachzuholen.
Eine Beratung, die nicht nur
kaufmännisches/betriebswirtschaftliches Wissen durch praktische Eingriffe in
andere Projekte, am konkreten Beispiel vermittelt, sondern auch
- unterschiedliche Qualifikationen, bzw. gegenseitige Aus- und
Weiterbildung betreiben, organisieren will,
- Anwendung neuer sinnvoller Technologien fördern und
verbreiten will,
- Aufbau gemeinsamer, sinnvoller Vertriebs- und Absatzformen
entwickeln will,
- Entwicklung neuer Produkte, Dienstleistungen, Techniken,
Ideen fördern will,
- gegenseitige Hilfen, nicht Konkurrenz schaffen will,
- Entwicklung neuer Lebensformen, Umgang als Gruppe
unterstützen will
- weitere eigene Modelle der Selbsthilfe entwerfen will,
- etc. ...
gemeinsam mit und nicht für die Projekte.
Durch eine Unterstützung von "Projekte beraten
Projekte" entsteht eine verstärkte Sensibilisierung und damit Stärkung
der Projekte untereinander.
So entsteht ein sinnvolles Netz der Projekte, in dem die
Lösung von Problemen selbst übernommen wird , aus dem
heraus sich weiter dem Prinzip "Selbsthilfe" entsprechende Modelle
entwickeln, die nicht von außen und oben angesetzt sind, daher auch oft nicht
angenommen werden, sondern von innen. Diese Form der Beratung entwickelt sich
nicht unter Ausschluß jeglicher Fachberater, sondern wird diese, bei besonderen
Problemen, die eher selten sind, mit einbeziehen, gerade solche mit denen die
Projekte schon Kontakt und Erfahrung haben. Aber die Verantwortung für Beratung,
notwendigen Austausch und damit Weiterentwicklung, wird nicht an außenstehende
abgegeben, delegiert, sondern selbst übernommen.
Umfang:
Damit diese Form der Beratung sich weiterentwickeln kann,
benötigen die Projekte in jeder größeren Region hauptamtliche
Kooperationsberater, die diese Form der Beratung koordinieren, unterstützen und
mit den Projekten gemeinsam weiter ausbauen.
Die Anzahl der jeweiligen hauptamtlichen Kooperationsberater
ist abhängig von der Anzahl der Projekte in der jeweiligen Region, dem Bedarf
nach Neugründungen und der schon bestehenden
Infrastruktur, die sich selbst trägt.
Eine Beratungsstruktur schaffen, die
- dauerhaften Bestand hat und nicht nur von kurzfristigen
Mitteln, wie ABM, abhängig ist,
- auf den regionalen Ansätzen aufbaut, die in Aachen, Köln
und Bonn, Düsseldorf, Münster, Wuppertal, Ostwestfalen und Ruhrgebiet-Ost
vorhanden sind,
- von außen (Staat) unterstützt wird, um sich in ihrer Form
zu stabilisieren und weiter entwickeln zu können.
Diese Berater sollten sich untereinander, NRW-weit,
austauschen, weiterbilden und anderen Regionen mit fehlender Beratungsstruktur
helfen, ebensolche Strukturen aufzubauen.
Qualifikation der Kooperationsberater: