WULFSHAGENERHÜTTEN, PRENZLAUER BERG, DIBSCHTSCHE
Christliche Basisgemeinden
In seiner letzten Predigt in der Kathedrale
von San Salvador forderte Oscar Romero die Soldaten zur Befehlsverweigerung auf.
Am 24. März 1980 wurde er während des Gottesdienstes ermordet. Sein radikales
Eintreten für die Armen und Entrechteten machte ihn und die Befreiungstheologie
weltweit bekannt. Zwei Jahre später begann die Basisgemeinde Wulfshagenerhütten,
Gemeinde zu leben, ihr Eintreten für Frieden und Gerechtigkeit in gelebte,
gesellschaftliche Praxis zu gießen. Diese hat sie in einer bemerkenswerten
Radikalität beibehalten. Die Gemeinde - ich würde Kommune sagen - hat sich
vergrößert, zwei neue Gruppen sind entstanden.
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Handarbeit bei der
Hockerbespannung
Foto: Basisgemeinde Wulfshagenerhütten
von Heinz Weinhausen, Redaktion Köln - Seitdem
hat nun die alternative Projektebewegung Zuwachs von linken Christinnen und
Christen jenseits der Amtskirchen erhalten. So wurde vor Jahren hier auch über
sie berichtet. CONTRASTE versteht sich als Sprachrohr und Diskussionsforum der
alternativen Bewegungen. Das Sprachrohr ernstnehmend habe ich diesen Schwerpunkt
initiiert und redaktionell begleitet. Mitglieder stellen hier ihre Geschichte,
ihre Motivation und religiöse Weltanschauung, ihre vielfältige Praxis originär
vor, was ich bei einem solchen langjährigen Projekt eh für überfällig halte.
Angestoßen wurde damit die kontroverse Diskussion innerhalb der Redaktion, ob
Projekte auch ihre religiöse Sichtweise in CONTRASTE veröffentlichen können
oder ob dies dem Selbstverständnis unserer Zeitung widerspricht. Auch unsere
LeserInnen sind eingeladen, diese Diskussion in den nächsten Ausgaben zu führen.
Einige Aspekte unserer internen Diskussion seien im folgenden genannt.
Theologische Ausführungen und Bibelzitate in unserer Monatszeitung? Dies wurde
nicht als spannende Darlegung erlebt, warum Christinnen und Christen Kommune
leben und sich in die Politik (Anti-AKW) einmischen oder vor Ort wie im
Kiezladen machen. Die Texte - besonders beim ersten Überfliegen - riefen bei
einem Teil der Redaktion aufgrund "der Sprache des Glaubens"
Abwehrreaktionen hervor. Die christliche Sprache, die Bibelinterpretationen, das
Geleitet-Sein haben abgeschreckt und zugleich stieg die Angst hoch, dass
Leserinnen und Leser ähnlich befremdet reagieren würden. Abokündigung? Kein
Probeabo mehr?
Ist aber Kirche und Religion nur als disziplinierendes Papsttum vorstellbar?
Und wenn nicht, bleibt da nicht auch bei den BasischristInnen die Unterordnung
unter Jesu oder Gott, der sie leitet? Tiefer gehend: Ist einerseits
Selbstorganisation, Selbstverwaltung und andererseits Religiösität überhaupt
zusammen lebbar? Hier scheinen sich weltanschauliche Gräben auf zu tun.
Erfahrungen von RedakteurInnen drücken wiederum Verbundenheit aus. "Ich
selbst habe bei meinem Engagement für Flüchtlinge (u.a. bei "Kein Mensch
ist illegal") sehr tolle Erfahrungen mit ziemlich vielen ChristInnen
gemacht, die sich großartig eingesetzt haben, radikal und oft gegen ihre
AmtskirchenvertreterInnen. Ich habe gelernt, deren Weltanschauung zu
respektieren." "Das Religiöse hat mich abgeschreckt, aber ich habe
die Wulfshagener Gruppe bewundert für ihr selbstverständlich-vorurteilfreies
Zusammenleben mit Menschen mit unterschiedlichsten Eigenheiten (von denen
etliche in "unserer" Politszene mit Sicherheit nie hätten Fuß fassen
können) und für ihre ökonomische und politische Konsequenz (in Zeiten von
Hartz IV ganz wichtig, finde ich)."
Pfarrer Meurer hier in Köln rief jüngst in seiner Gemeinde zur Sammlung für
den Bau einer islamischen Moschee auf. 2000 Euro konnte er sammeln. "Jede
Jeck (Narr) es anders" heißt es in Köln. Das bedeutet ihm "nicht
Beliebigkeit, sondern Respekt im Umgang miteinander." "Für viele türkische
Familien hier im Stadtteil ist die Sammelaktion der katholischen Gemeinde ein
tolles Zeichen, dass sie akzeptiert und respektiert werden." Was einem
katholischen Pfarrer gelungen ist, gelingt uns vielleicht auch in der CONTRASTE.