Monatszeitung für Selbstorganisation
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FRANKFURT: ERSTE RÄUMUNGEN AUF US-KASERNENGELÄNDEKampf um den Erhalt selbstbestimmter LebensräumeEine Hundertschaft Bereitschaftspolizei, Wasserwerfer, Räumfahrzeuge, Bauarbeiter, Möbelpacker und eine Gerichtsvollzieherin rückten im Morgengrauen des 29. Februars an, um den 60 BewohnerInnen der ehemaligen US-Kaserne in Frankfurt-Höchst zu verkünden: "Wir räumen und reißen ab". Dieter Poschen, Redaktion Heidelberg - Obwohl sich schnell herausstellte, dass ordnungsgemäße Räumungstitel nur gegen einen Teil des großen Kasernengeländes vorlagen, hinderte dies Polizei und Bautrupps nicht daran, den zentralen Hof mit den unter Naturschutz stehenden alten Plantanen einzuzäunen, den Spielplatz der Kinder einzuebnen und Mauern einzureißen. Nach dem Abzug der Amerikaner im Jahr 1993 wurde ein Teil der unter Denkmalschutz stehenden Gebäude vom damaligen Eigentümer, dem Bundesvermögensamt an den Verein "Wohnen-Arbeiten-Leben" (WAL) vermietet. 1998 wurde das gesamte Kasernengelände an die Spekulationsfirma KEG verkauft und damit begann der Ärger für den Verein. Die Mietverträge wurden nicht mehr verlängert, nach und nach hagelte es Räumungsklagen für die Leute von WAL. Auf dem Gelände will die KEG 2.000 Wohnungen und Reihenhäuser errichten und teilte dafür das Gelände in lukrative Häppchen auf. Der jetzt zur Räumung anstehende Teil gehört inzwischen der "Nassauischen Heimstätte", die vier der neun Häuser abreißen und die verbliebenen fünf umbauen will. Ein Wohnpark mit Sozialwohnungen für 200 Menschen soll errichtet werden. Doch zunächst einmal sollen die siebzig Menschen, die bisher die neun Häuser in Selbstverwaltung betrieben, vertrieben werden. Diese, und ihr Verein WAL denken allerdings nicht daran, das Gelände freiwillig zu räumen: "Noch haben wir Mietverträge, und wir werden alle Klagewege nutzen, diese auch zu verteidigen, juristisch und politisch." Die BewohnerInnen der beiden an diesem Tage zum Abriss freigegebenen Häuser werden aufgefordert, ihre Möbel und sonstigen Habseligkeiten in die bereit stehenden Möbelwagen zu laden, Bauarbeiter machen sich daran, an einem der Häuser das Dach abzureissen. Vor den anderen Häusern werden Bauzäune "zur Sicherung der Baustelle" aufgestellt, der Innenhof mit seinen alten Platanen, der einstmals Exerzierplatz war, wird wiederrum "militärisch besetzt" und zum Parkplatz für Baumaschinen und Möbelwagen. Und überall die Polizei, fotografierend und filmend, immer auf der Lauer, ob die auf dem Platz versammelten BewohnerInnen und SympathisantInnen nicht doch noch handgreiflich gegen die Abrissbirnen vorgehen wollen. Vorsorglich haben sie einige Hafttransporter mitgebracht und einen Wasserwerfer bedrohlich auf die BewohnerInnen gerichtet. Die BewohnerInnen haben neben den juristischen Schritten einiges an politischen Aktivitäten geplant: Ein Projektetreffen zum Austausch und Abstimmung von gemeinsamen Aktivitäten, die Einweihung einer "Internationalen Begegnungsstätte für kulturellen Austausch und Völkerverständigung", einen "Tag der offenen Tür" und mehrere Konzerte. "Wir haben jetzt die GRÜNEN in Bewegung gesetzt", sagt eine Bewohnerin. "Die sollen jetzt im Ortsbeirat Frankfurt-Höchst dafür sorgen, dass wir als internationale Begegnungsstätte anerkannt werden. Schließlich leben hier Leute aus 13 Nationen." Der Antrag der GRÜNEN steht schon, in ihm wird gefordert, "dass der Beirat entscheiden möge, im Rahmen der Stadtentwicklung den Antrag von WAL auf eine internationale Begegnungsstätte zu ermöglichen." Ob dieser Antrag auf Umwidmung des ehemaligen Kasernengeländes zu einer internationalen Jugendbegegnungsstätte das Kapital daran hindert, seine Interessen durchzusetzen ist mehr als zweifelhaft... Augenzeugenberichte und Hintergründe auf Seite 4 |
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