GRÜNES LICHT FÜR DIREKTKREDITVERFAHREN
Der Geldhahn ist wieder offen
Das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen
in Berlin hatte dem selbstorganisierten Freiburger Wohn- und Bauprojekt "Grether
Ost" die Annahme von Direktkrediten untersagt. Dadurch wurde der Fortbestand des
Projektes in Frage gestellt (s. CONTRASTE Nr. 178/179). Und nicht nur für dieses Projekt.
Deshalb sind die nachfolgenden Ausführungen für alte, neue und weitere geplante
Projekte, die sich über Direktkredite finanzieren, wichtig.
Dieter Poschen, Redaktion Heidelberg - Die Antwort auf diese Restriktionen
war die Gründung der "Peanuts Company", mit der es möglich wird,
einzelne Privatdarlehen anzunehmen und gebündelt als einzelnen Direktkredit an das
Projekt weiterzuleiten. Das Kreditwesengesetz erlaubt eine Finanzierung, die nicht mehr
als fünf Privatdarlehen einbezieht, wobei die Höhe der Einzelkredite unerheblich ist.
Voraussetzung für diese Art von Finanzierung ist der Beitritt der GeldgeberInnen als
GesellschafterInnen in den Fonds mit einem Geschäftsanteil von 100 DM und deren
Beteiligung an den Verlusten und Gewinnen des Fonds. Die
Darlehen der GesellschafterInnen gelten in diesem Fall nicht als "Einlagen"
sondern als "eigene Gelder".
Doch auch die bisherige Finanzierung durch
Direktkredite ist, nachdem das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen monatelang mit
"Zwangsabwicklung und Zerschlagung" drohte, doch wieder möglich. Eine einfache
Klausel im Darlehensvertrag genügt, um das Direktkreditverfahren von einem
"unerlaubten
Bankgeschäft" in ein legales Finanzierungsinstrument zu verwandeln.
Die Klausel lautet wie folgt:
"Der Darlehensgeber tritt mit
seinem Rückzahlungsanspruch im Falle der Liquidation oder Insolvenz der Darlehensnehmerin
hinter die Forderung der übrigen Gläubiger zurück."
Gemeint damit ist, dass die
DarlehensgeberInnen im Konkursfall erst ausgezahlt werden, wenn alle anderen Gläubiger
bedient sind. Trotz dieser Formulierung ändert sich faktisch nicht viel. Erstens gibt es
fast keine anderen Gläubiger. Zweitens sind die Darlehen auch weiterhin über die
notariell eingetragene Sammelgrundschuld abgesichert: Ein Pfandrecht an der Immobilie
Grether Ost, einem Areal in bester Innenstadtlage.
Das Projekt "Grether Ost"
Der Dank des Projektes gilt der Solidarität
der DarlehensgeberInnen. In
einem Anschreiben an alle DarlehensgeberInnen wurde ein erstes Stimmungsbild ermittelt.
Bisher hatten 80% geantwortet: Von diesen haben sich alle bereit erklärt, ihre Gelder
weiterhin zur Verfügung zu stellen - entweder durch Unterschreiben der Klausel oder durch
Einlage in die Peanuts Company -, um damit das Projekt vor einer drohenden
Zwangsabwicklung zu bewahren.
Angesichts der neuesten Entwicklungen stellt
sich für "Grether Ost" die Frage, warum das Bundesaufsichtsamt monatelang mit
der "Zerschlagung und Abwicklung" des Projektes droht und seine Existenz massiv
in Frage stellt, um jetzt mit einer kleinen Änderung im Darlehensvertrag zufrieden zu
sein. Genügt in solchen Fällen nicht ein Hinweis auf die Klausel und die Bitte um
Änderung?
Mittlerweile kann der Vorwurf des unerlaubten Bankgeschäfts nicht weiter aufrechterhalten
werden und die durch die Freiburger Staatsanwaltschaft eingeleiteten
Ermittlungsverfahren gegen die GeschäftsführerInnen der
"Grether Ost" müssen eingestellt werden.
Das Bundesaufsichtsamt beteuerte im Laufe
der Auseinandersetzung gerne seine Kooperationsbereitschaft. Das Freiburger Projekt hat
einige Vorschläge, wie die
Zusammenarbeit in ähnlichen Fällen verbessert werden kann. Ein Merkblatt des
Bundesaufsichtsamtes, indem auf die legale Möglichkeit des Direktkreditverfahren
hingewiesen wird, wäre eine große Erleichterung für
alternative Projekte. Zusätzlich schlägt das Projekt vor, dass das Bundesaufsichtsamt
seine Verwaltungspraxis dahingehend ändert, dass es Sammelgrundschulden als bankübliche
Sicherheit akzeptiert. Das Kreditwesengesetz verbietet dies nicht.
Der Konflikt wäre vermeidbar gewesen, Zeit
und Energie, die das Projekt für die Auseinandersetzungen aufwenden musste, hätte
sinnvoller genutzt werden können.
Während der Zeit der viermonatigen Auseinandersetzung hat "Grether Ost"
ununterbrochen weitergebaut. Trotzdem werden sich nun einzelne Bauabschnitte, wie die
Fertigstellung der Kindertagesstätte verzögern. "Grether Ost" kann nun
unbelästigt weiter bauen und sucht dafür neue zinsgünstige Direktkredite von
Privatpersonen, die das Projekt unterstützen wollen. Weiterhin besteht auch die
Möglichkeit, Geld in der neugegründeten Peanuts Company, dem Direktkreditfonds für
"Grether Ost" anzulegen.
Mehr zum Projekt, zur Peanuts Company und zu
den Konflikten mit dem Bundesaufsichtsamt kann jetzt auch im Internet nachgelesen werden
unter der Adresse: www.gretherost.syndikat.org
Kontakt: Grether Ost, Adlerstr. 12, D-79098 Freiburg,
Tel. (07 61) 2 48 87, Fax 2 24 07,
E-Mail:
peanuts-company@syndikat.org