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We are the hereos

We are the hereos?

Ökobank ade!

"We are the hereos!" jubelten frischgebackene Turnschuhbanker in ihren ersten Interviews nach der Bankgründung 1988. Jetzt kam die volle Bauchlandung. Die Bank "ausgegliedert" - was übrig bleibt, ist eine 24.000-köpfige Ökobande mit 11 Mio. DM Schulden. Über das G als Ökoband e.G. (eben die Genossenschaft) entscheidet die Generalversammlung. Bis dann hoffen wir alle auf europäische Alternativen: "Vielleicht finden wir alle in der ersten europäischen Alternativbank eine neue Heimat?", fragte der Aufsichtsratsvorsitzende am Schluss seines taz-Interviews vom 23.7. dieses Jahres betroffen...

von Kurt Regenauer aus Nürnberg - Nun scheint es also doch einfacher gewesen zu sein, eine Bank zu berauben, als sie zu besitzen, so belächeln brechtelnde Spötter den rasanten Untergang des einstigen Flaggschiffs der Alternativszene. Die "Turnschuhbanker" jedenfalls verlassen ihre Szene auf leisen Sohlen. Ein Sack Schulden in Höhe von exakt dem allerersten Bilanzvolumen (21,5 Mio. DM) bleibt ihre traurige Hinterlassenschaft. "Der allergrößte alternative Sparstrumpf dieser unserer Nation" hatte CONTRASTE diese erste Bilanz in den Achtzigern kritisch gewürdigt. Jetzt ist er weg: "Außer Spesen nix gewesen?"

Damals hatte CONTRASTE plötzlich kleinere Brötchen zu backen. Seit ihrer Gründung 1984 stark verstrickt in all das Hoffen und Bangen um die alternative Bank war unsere Zeitung die Hauptinformationsquelle aller Vereinsmitglieder, die für die Ökobank warben. Damals flogen zwar die Fetzen, aber die alternative Welt funktionierte halt noch. CONTRASTE überlebte sogar die Bankgründung. Und das ging so: Wir trafen 1988 die frischgebackenen Finanzgewaltigen auf Gut Kragenhof im Hessischen und erfuhren von der allerhöchsten Abokündigung unserer Geschichte durch Liquidation des Ökobankvereins. Es war kurz nach der gewaltigsten Akquise alternativer Ressourcen für die Ökobank eben auch die gewaltigste Solidaritätskampagne nötig zum Überleben unserer Zeitung. Netzwerke, Öko- und andere Solifonds sprangen ein, was uns dann auf ein ca. 2.000-Aboniveau hochhievte, bei dem wir weder gut überleben noch sterben können..

Der Ökobank ging es hingegen ab Gründung nurmehr um Pressekonferenzen und ihre eigenen Verlautbarungen (Ökorrespondenzen). Kritische Diskussion um die Bank war fürderhin out und auf die "Nölecke" eigener Prospekte verbannt. Eine Zeitung zur Diskussion um Alternativen war bis auf weiteres nicht mehr so erwünscht. Unser CONTRASTE-Trauma: von jetzt 24.000 Ökobank-GenossInnen verirrten sich nur wenige in unsere Abodatei.

Heute gibt es die Bank nicht mehr, sondern nur noch die Zeitung. Beide haben Fehler gemacht. Die Bank hat Öko nur als werbeinszenierten Luftballon vermarktet und so beworbene Gelder in Ökoblasen investiert, die vor dem Konjunkturhimmel munter zerplatzten. Die Zeitung hingegen hörte auf, Plattform zu sein für die Alternativknechte/mägde in Kleinstklitschen, die fassungslos zusehen mussten, dass ihr Geld verspekuliert wurde. Während die Turnschuhbanker ihre Neuwagen aufkauften (13 Jahre Ökobanksalär dürften für mehr gereicht haben), mussten ihre eigentlichen Finanziers um Leasingverträge mit ihren örtlichen Banken feilschen. Und trafen auf Unverständnis bzgl. ihrer Ökobankverbindungen. Kein Wunder: die Ökobank kostete immer nur Geld. Das war dann futsch.

Wir hingegen haben in den letzten zehn Ökobankjahren leider nur noch Presseverlautbarungen abgedruckt und das war auch nicht gut. Es darf keine Ökobande ohne Diskussion (und ggf. auch Streit) um das Öko geben. Sonst wird das Ö im Öko zur billigen Werbebanderole, der keiner mehr glaubt. Das Schlimmste ist nämlich der Imageschaden. Da gab es zahlreiche kluge Jungs und Mädels, die 13 Jahre gut davon gelebt haben, dass ihr "Ö" so pfiffige Striche im Outfit hatte (nichts gegen die kreative Idee der Berliner Agentur - sie war wirklich gut).

Wirklich professionell war eben nur der Rummel um das Öko verfasst, nicht aber das Finanzgebahren. Millionen verjubelt durch ein paar Spekulationen - absolut unprofessionell ggü. den Bedürfnissen der eigenen Kunden und Genossen, die vielleicht mit ein paar tausend D-Mark Kredit in diesem oder jenen Fall gut gefördert worden wären. Genau das hat niemand wirklich kompetent prüfen können. Vielleicht ist es einfach auch nur unprofessionell, die Lenkungsgewalt über Ökomillionen einigen verkappten Ökomillionären zu überlassen, ohne diejenigen einzubeziehen, die praktisch "Öko" machen wollen.

Genau das jedenfalls plant unsere Zeitung. Daher auch unser Übernahmeangebot. Wir zahlen 1 Euro für Eure Genossenschaft. Die 11 Mio. DM Schulden jedoch werden von Euch selbst verantwortet...

Eine wirklich "neue" Heimat muss sich einfach (und auch nur im Geschmäckle) äußerst deutlich von der alten Neuen Heimat unterscheiden. Oder haben wir ihn bereits: den ersten alternativen Genossenschaftsskandal?

(1) Mit dem gewerkschaftseigenen Wohnungsbauunternehmen "Neue Heimat" ging gegen Ende der Siebziger Jahre auch der letzte Rest althergebrachter gemeinwirtschaftlicher Glaubwürdigkeit verloren. Im "Neue Heimat-Skandal" entpuppte sich damals der - längst nicht mehr genossenschaftlich verfasste - Unternehmensbereich der gewerkschaftseigenen Holding BGAG als Sündenpfuhl von Unterlassungen, Korruption und Machenschaften.

 

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Stand: 20. Mai 2007