VOR 75 JAHREN BRACH DER SPANISCHE BÜRGERKRIEG AUS
Geschichte wird gemacht
Gedenkmarsch für die Internationalen Brigaden
2011
Foto: Alvaro Minguito
Für alle libertäre Menschen ist bis heute
die Spanische Revolution von 1936 ein Hoffnungsschimmer. Gleichzeitig gibt es
wohl kaum eine soziale Revolution, die so gut dokumentiert und mit einer Fülle
von Publikationen – aus unterschiedlichen Sichtweisen – präsent ist, wie
jene drei Jahre in Spanien. Trotz aller (scheinbaren) Geschichtsverdrossenheit
der jüngeren Generation lohnt es an jene Zeit zu erinnern. Nicht nur, weil es
ein Teil unserer Geschichte ist, sondern auch, trotz der letztlichen Niederlage,
ein Beispiel dafür ist, dass die Soziale Revolution auch funktionieren kann.
Unsere Utopien schwirren nicht im luftleeren Raum umher.
Von Jochen Knoblauch # Als im Juli 1936 General
Francisco Franco gegen die gewählte Regierung der Zweiten Spanischen Republik
putschte, beschlossen Linke und AnarchistInnen sich dazu, die Republik zu
verteidigen. In ihrer Hochburg Katalonien übernahmen sie, ganz gegen ihre
Prinzipien, die Macht und setzten gleichzeitig ihre soziale Ideen um. Mit dem
Zweifrontenkrieg wurde die anarchosyndikalistische Gewerkschaft CNT allein
gelassen. Während die Putschisten, am Vorabend des Zweiten Weltkrieges, von
Nazi- Deutschland und dem faschistischen Italien unterstützt wurden,
verweigerte die Internationale Gewerkschaftsbewegung den spanischen GenossInnen
offiziell ihre Unterstützung – ein unrühmliches Kapitel. Um so stärker
sammelten sich die unterschiedlichsten Individuen in den Internationalen
Brigaden zur Unterstützung der Republik und der Sozialen Revolution.
Das Ende des Bürgerkrieges im April 1939 war zugleich das Ende der Sozialen
Revolution. Der Putschist Franco, verantwortlich für ca. 500.000 Opfer während
des dreijährigen Bürgerkrieges, sowie zahlloser Opfer während seiner
Diktatur, die bis zu dessen Tod 1975 andauerte, starb selbstgefällig im eigenen
Bett. Dazu kam 1939 eine Flüchtlingswelle aus Spanien, die für einige
SpanienkämpferInnen – etwa jenen aus Deutschland – in Konzentrationslagern
endete.
Jahrzehntelang wurde das Erinnern an die Opfer des Spanischen Bürgerkrieges
durch das Franco-Regime einseitig bestimmt. Noch bis vor einigen Jahren hat sich
niemand um tausende von vermissten und verscharrten Opfern gekümmert. Während
allmählich die Überlebenden immer weniger werden, wird die Chance den bisher
unbekannten Opfern noch gerecht zu werden, immer geringer. Schon allein dieses
nachhaltig verordnete Stillschweigen über die Menschen, die für eine
gerechtere und sozialere Gesellschaft ihr Leben ließen, darf nicht hingenommen
werden. Ein Erinnern an die Spanische Revolution bedeutet auch ein Erinnern an
die bisher immer noch namenlos verscharrten Opfer.
Und sicherlich gibt es auch Kritik an den Ereignissen von 1936-39, über die
sich die HistorikerInnen seit vielen Jahren streiten. Diese sollten wir ernst
nehmen, zumal, wenn wir selbst aus der Historie lernen wollen. Daneben bleibt
aber festzuhalten, dass die AnarchistInnen, dort, wo sie aktiv waren, eben kein
Chaos angerichtet haben, sondern dafür sorgten, dass es Strom gab, dass die
Straßenbahnen auch weiterhin fuhren, usw. Selbst unter den widrigen Umständen
eines Bürgerkrieges waren die Menschen in der Lage, ihren Alltag zu
organisieren. Es ging nicht nur um ein Überleben, es wurden die Weichen in eine
gerechtere Gesellschaftsordnung gestellt, ohne ein Elitesystem, ohne eine
Parteidiktatur. Ein anderes Leben ist möglich! Das lehren uns heute immer noch
die spanischen Ereignisse von damals.
Die jüngsten Ereignisse in Nordafrika, sowie die Protestbewegungen – von
den Anti-GlobalisierungsgegnerInnen bis zu den Protesten gegen die Euro-Diktatur
in Griechenland und Spanien – zeigen deutlich, dass es mitunter nur wenig
bedarf, um einen Umsturz, bzw. ein Umdenken bei den Menschen zu bewirken. Die
Spanische Revolution zeigt uns, dass es eben nicht nur reicht, die
Regierungsparteien auszutauschen, sondern es nötig ist, sich eben ganz von
diesem System zu trennen. Die Selbstorganisation ist möglich. Und so wie Hans
Jürgen Degen in seinem Artikel in dieser Ausgabe den Satz zitiert »Man macht
nicht zweimal dieselbe Revolution«, genauso steht der Satz von Andreas W.
Hohmann »Eine andere Welt wäre möglich gewesen « – aber eben nicht nur
damals in Spanien, nein, sie ist es immer noch und überall.
Schwerpunktthema Seite 7 bis 10
SCHWERPUNKTTHEMA
Eine andere Welt wäre möglich gewesen
Die Kollektivierung in Spanien – Eine Kollektivierung von unten Seite
7
Frauen im Spanischen Bürgerkrieg Seite 8
Dossier 1936: Die schwarz-roten Straßenbahnen von Barcelona Seite
9
Barcelona in Flammen Innenansichten aus der spanischen Revolution Seite
9
Geist der Revolte »Man macht nicht zweimal dieselbe Revolution« Seite
10
Mythos & Hoffnung Um Spaniens Freiheit... Seite
10
Nürnberg: Ausstellung »Pueblo en Armas« Seite 10