Handelsblatt alternativ?
"Markenpiraterie" lautete vor kurzem
das Thema eines vom Handelsblatt mitgetragenen Forums. Jetzt haben statt der
meist in Fernost vermuteten Dunkelmänner die deutschen "Alternativen"
eine Anleihe bei dem Zeitungstitel selbst gemacht Was das Handelsblatt für die
etablierte Wirtschaft ist, soll das Wandelsblatt für die alternativen, die
selbstverwalteten Betriebe sein. Aus dem H wurde ein, selbstverständlich
grünes, W.

Objektleiter Reinhard Metz sieht's mit einem lachenden und einem weinenden
Auge: "Wir freuen uns ja, daß die Wirtschaftsinformation aus dem
Handelsblatt auch bei den Alternativen so gefragt ist, daß man sich an unseren
Titel anhängen möchte. Als einmalige Wortspielerei könnte man darüber auch
schmunzeln. Das aber eine monatliche Herausgabe des Titelplagiats vorgesehen
ist, geht wohl doch etwas zu weit. Initiator der alternativen Wirtschaftszeitung
ist die Interessengemeinschaft für Selbstverwaltung im hessischen Oberursel,
Vertreiber ist die Frankfurter Krebsmühle-Druckerei.
Alle publizistischen Bemühungen der Selbstverwaltungen in Ehren, eine solch
enge Anlehnung des Titels "in Wort und Schrift" dient keiner der
beiden Publikationen. Abgesehen davon sind Titelvariationen zum Thema
Handelsblatt nichts neues. Bereits 1970 hat sich der Verlag diesen Spaß selbst
erlaubt und seinen Karikaturisten bemüht. In dieser Rubrik sollten solche
Bemühungen aber auch bleiben.
Kontakt: Claus Harndorf, Tel. 0211/83 88 549.

IN EIGENER SACHE
Nach Aussage g.g.u. Kreise erwägt ein "Handelsblatt" eine
einstweilige Verfügung gegen das WANDELSBLATT zu erwirken und den Streitwert
auf 500.000 DM festzusetzen. Der Grund: Das WANDELSBLATT habe sich im Titel
"in Wort und Schrift" zu ("solch") eng an jenes
"Handelsblatt" angelehnt. Wir möchten euch die bisher vorhandenen
Unterlagen nicht vorenthalten und beschäftigen uns mit der Sache in einem
Kommentar. Nur eines verstehen wir nicht: wer oder was ist eigentlich das
"Handelsblatt"?
Der Kommentar
Gott, wie haben wir wieder geschmunzelt. Aber die alternativen Dunkelmänner
können es ja nicht bei einer einmaligen Wortspielerei belassen, nein, sie
kriegen nie genug, gleich monatlich ist sie vorgesehen, die "Herausgabe des
Titelplagiats".
Da müssen ihm ja die Tränen kommen, dem Objektleiter Metz, und da hilft
dann auch die sonstige Verehrung publizierender Bemühungen nichts mehr: was zu
weit geht, geht eben zu weit ("wohl doch etwas").
"Markenpiraterie" hat was Romantisches. Man denkt an Errol Flynn
und die englischen Kaper-Helden, an Asphalt-Cowboys und Stadtindianer. Aber
selbst diese subversiven Sehnsüchte kriegen ihr Fett ab: Alter Hut! Schon 1970
haben wir uns selbst den Spaß erlaubt. Und dann die Bilder: Man sieht die
Bemühungen, des Karikaturisten (aus Platzmangel nicht abgedruckt!) und ist
erschüttert - nein, wenn das WANDELSBLATT ein ähnlich müder Witz ist, will
ich damit auch nichts mehr zu tun haben.
Dabei zeigt gerade die Gegenüberstellung der beiden Titelseiten, wie
konstruktiv die Zusammenarbeit sich hätte gestalten können. Nicht die
lächerlichen Äußerlichkeiten - die Inhalte zählen. Und da steht schwarz auf
weiß auf der einen Seite; "Alle wußten, wohin die Spenden geflossen
sind" und auf der anderen Seite wird verkündet, daß die Öko-Bank nun
endlich gegründet werden kann! Wenn das nicht paßt?
K.B.