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Ökobank und Eigenkapital

Für wen arbeitet das Eigenkapital der Öko-Bank?

In der Hektik der Auseinandersetzungen um Gesellschaftsform und Strukturen der Öko-Bank ist eine wichtige Frage von prinzipiellerer Bedeutung ausgeklammert geblieben. Nachdem die Gemüter sich beruhigt haben, die Weichen hin auf dezentrale Strukturen gestellt sind und die gesamte Entwicklung (Mitgliederzahlen und Eingang von Treugeldern) einen ausgesprochen ermutigenden Verlauf nimmt, sollten wir uns dieser Frage wieder zuwenden.

Ich denke an die Treugelder und deren Verzinsung. Und ich will gleich dazu sagen, daß ich an diese Frage sicher sehr naiv herangehe, weil ich von den entsprechenden Gesetzen und Bestimmungen keine Ahnung habe. Um Aufklärung durch sachkompetente Zuschriften wird also dringenst gebeten.

Wenn ich die Sache richtig sehe, werden beim jetzigen Stand der Dinge die Treugeber (also alle, die mindestens 100,- DM auf das Treuhandkonto eingezahlt haben) die späteren Genossen und also Anteilseigner (Besitzer) der Bank. Das Treugeld wird zu (Eigen-)kapital, und Kapital pflegt in d.u. Gesellschaft bekanntlich zu "arbeiten".

Die Arbeit dieses Kapitals besteht darin, Kreditgeschäfte zu gewährleisten, der Ertrag ist die Differenz zwischen dem Zins, zu dem Geld geliehen und dem Zins, zu dem es wieder ausgeliehen werden könnte.

Im Sinne einer Steigerung des Ertrags sind also alle Versuche, Geld billiger heranzuschaffen und teurer zu verleihen, also: möglichst weniger Zinsen für die Sparer, möglichst hohe Zinsen von den Kreditnehmern. Der Markt hält die Differenzen auf der Sparer-Seite in engen Grenzen (= Geld gibt's genug), mehr herauszuholen ist also nur auf der anderen Seite. Und auf der auch nicht beim Universitätsdozenten, der sein neues Katalysator-Auto über die Öko-Bank finanzieren will, und auch nicht bei allen anderen, die über ausreichende "Sicherheiten" verfügen (= die kriegen auch bei jeder anderen Bank Kredit), sondern bei der Risiko-Kundschaft, denen, die nirgendwo Kredit kriegen, denen, deretwegen die Öko-Bank überhaupt gegründet werden mußte, kurz: den selbstverwalteten Betrieben und Projekten. Ausgerechnet hier aber soll ja gefördert werden. Und fördern kann die Öko-Bank nur, indem sie die risikoreicheren Kredite zu billigeren Zinssätzen gewährt. Alles das aber, was an dieser Stelle positiv getan wird, geht dem Gesamtbetrag und damit dem Ertrag des einzelnen Genossenschaftlers verloren. Ich denke, daß hier ein Interessenskonflikt mit potentiell gravierenden Auswirkungen angelegt ist. Solange jedenfalls, wie der Ertrag des Eigenkapitals nicht eindeutig festgelegt ist. Ich gehe davon aus, daß die Treugeber ihre Ökobank-Anteile deshalb zeichnen, um den Prozeß der Entwicklung einer selbstverwalteten und ökologisch verantwortungsvollen Wirtschaft als Basis einer neuorientierten Gesellschaft zu befördern und nicht aus dem Grund sog. "venture capital" möglichst effektiv für sich arbeiten zu lassen.

Ich denke also, daß es einen Beschluß geben könnte, der die Verwendung der Erträge der Öko-Bank für verbilligte Zinsen an selbstverwaltete Betriebe oder gar Zuschüsse an soziale und kulturelle Projekte festschreibt. Meine Frage also an die Experten: läßt sich nach dem Genossenschaftsgesetz die Entnahme von Gewinnen schon in der Satzung ausschließen? Oder an welcher Stelle ist ein solcher Erlaß sonst zulässig? Und - falls es da rechtliche Schranken geben sollte: kann man dann wenigstens die Höhe der Eigenkapitalverzinsung festlegen und wie macht man das? Meine Frage an die Vereinsmitglieder: wie steht ihr zu dem Problem? Und denkt dabei nicht nur an die Treugeber, die ihre Solidarität mit einem 100-Mark-Anteil bekundet haben – die 5,--DM pro Jahr, die ihnen an Zinsen verloren gehen, werden sicher niemandem zum Problem. Was aber wollen die, die 5.000,- DM und mehr auf das Treuhandkonto eingezahlt haben?

Karl Bergmann

 

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Copyright © 1999 CONTRASTE Monatszeitung für Selbstorganisation
Stand: 24. Juli 2008