Monatszeitung für Selbstorganisation
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Für Pilotprojekt in BerlinKreditgeber gesuchtWie Behörden mit Menschen umgehen: Helmut, 37 Jahre, in den 60er Jahren aus der DDR abgehauen, wurde wegen diverser Eigentumsdelikte mehrere Jahre eingebuchtet, dann auf Grund guter Führung entlassen. Versuche, eine normale bürgerliche Existenz als Arbeitnehmer aufzubauen, schlugen fehl. Vor einigen Wochen eröffnete sich ihm die Chance, sich eine selbständige Existenz durch Neugründung eines Kioskes zu schaffen. Er stellte einen Antrag gemäß Paragraph 30 Bundessozialhilfegesetz auf "Hilfe zum Lebensunterhalt", und zwar so, daß ihm die künftige Sozialhilfe im voraus auf einen Schlag zur Existenzgründung ausbezahlt wird, was ja mittelfristig gedacht, das Sozialamt entlastet hätte, da nach etwa 2 Jahren die ausgezahlte Sozialhilfe genauso hoch wie die einmalige Auszahlung von 18.500,- DM gewesen wäre. Die engstirnige und unmenschliche Begründung des Amtes, daß er auf Grund seiner Vorstrafen nicht für geeignet gehalten werde, ein Gewerbe zu führen, hat vorerst zur Ablehnung seines Antrages geführt. Wir, Netzwerk und Stattwerke, haben uns entschlossen, diese Entscheidung zu einem Politikum zu machen, und zwar, um konkret Helmut zu helfen, andererseits aber vermittelnd über diesen "Fall" zu erreichen, daß Mittel aus dem BSHG-30-Iopf auch für alternative Existenzgründungen vergeben werden. Das scheint uns insbesondere unter dem Gesichtspunkt unbedingt nötig, da über die immer strengere Eingrenzung der Berechtigten für Arbeitslosengeld und -hilfe immer mehr Personen in die Sozialhilfe abgedrängt werden, und u.E. jede Möglichkeit genutzt werden muß, daß sie aus diesem Abstellgleis wieder herauskommen. Da die Möglichkeit, den Kiosk in den gegebenen Räumlichkeiten zu eröffnen, nur bis zum 15. Juni bestand, haben Netzwerk und Stattwerke sich entschlossen, zumindest bis zur endgültigen Entscheidung des Sozialamtes eine Vorfinanzierung zu geben. Konkret heißt das, daß NW Berlin kurzfristig einen Kredit gibt. Stattwerke versucht anschließend, einen möglichst großen Teil des Kredites über private Kreditgeber abzulösen, wobei die Ablösung über Netzwerk läuft. Führt die Auseinandersetzung mit dem Sozialamt zum Erfolg, werden die Kredite natürlich sofort zurück gezahlt. Bei einer endgültigen Ablehnung des Sozialamtes sind die Kreditbedingungen so vorgesehen. daß spätestens März 86 mit der Tilgung begonnen wird, und diese sich auf 12 bis 18 Monate erstreckt. Das benötigte Kreditvolumen beträgt DM 18.500,-. Die Zinsen sollen 5% nicht übersteigen. Die Lage des Kioskes, das außerordentliche Engagement von Helmut und längere Arbeit in einem Kiosk garantieren eine erfolgreiche Existenzgründung. Daneben wird das Projekt von Netzwerk und Stattwerke kontinuierlich beraten. Also gebt uns, Stattwerke, möglichst bald und viele Kredite, damit die "Kapitalisierung der Sozialhilfe" und die konkrete Hilfe für Helmut voran kommt. |
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