25 JAHRE CONTRASTE ALS SPIEGEL SELBSTORGANISIERTER BETRIEBE, PROJEKTE UND
INITIATIVEN
Die vielen Wege zur Selbstorganisation
Foto: Archiv
Aus Anlass unseres 25-jährigen Bestehens
haben wir unsere Fördermitglieder, AbonnentInnen und einige weitere Projekte
eingeladen, sich selbst unter dem Aspekt »Selbstorganisation« in unserer
Jubiläumsausgabe darzustellen. Für diese Beiträge haben wir den größten
Teil unserer Zeitung bereitgestellt und möchten mit diesem 12-seitigen
Schwerpunkt die Vielfalt selbstorganisierter Initiativen, Betriebe, Projekte und
Vernetzungszusammenhänge darstellen.
von Elisabeth Voß, Redaktion Berlin # Uns
interessierten dabei in erster Linie die praktischen Erfahrungen. Wir haben also
darum gebeten, nach einer kurzen Beschreibung des Projekts ein paar Fragen zu
beantworten:
Die von uns vorgegebene Beschränkung auf 3.500 Zeichen haben viele nicht
eingehalten, manche deutlich überschritten. Es ist sicher nicht möglich, in
solcher Kürze die Fragestellungen differenziert auszuleuchten. Zumal wir
ausdrücklich um ehrliche Berichte und Reflektionen gebeten hatten, statt
glatter, werbender Selbstdarstellungen. Die Kürze kann dazu anregen, die
Darstellung sehr präzise auf den Punkt zu bringen. Sie kann aber auch zur
Oberflächlichkeit verleiten. Es stellt sich auch die Frage, wie klar innerhalb
einer Gruppe die eigene Struktur definiert ist, und wer die Definitionsmacht
darüber hat, wie die eigenen Ansprüche und die oft davon abweichende gelebte
Wirklichkeit nach außen zu kommunizieren sind. So kam es vor, dass Beiträge
nicht geschickt wurden, weil es in der Gruppe keinen Konsens über die
unterschiedlichen Sichtweisen auf das eigene Projekt gab. Andere Gründe für
Absagen waren Überlastung durch eigene Probleme oder aktuelle Anforderungen im
Projekt.
Auf meine Anfrage an den Eilhardshof antwortete Horst Stowasser am 7. August:
»Hallo Elisabeth, schön, von Dir zu hören! Bin bis 24. 8. in Urlaub und werde
Dir unseren Text über den Eilhardshof bis 30. 8. zusenden. Herzlichst Horst«.
Gänzlich unerwartet ist Horst Stowasser dann am 30. August gestorben (Nachrufe
siehe Titelseite unten und Seite 2).
Die eingegangenen Beiträge spiegeln sehr anschaulich die Bandbreite der
Themen und Fragestellungen in selbstorganisierten Projekten wider. Die einen
bleiben sich treu, indem sie allen Widrigkeiten ein »trotz alledem« entgegen
setzen und ihre egalitären Strukturen und oft mühsamen basisdemokratischen
Entscheidungsfindungsprozesse beibehalten. Andere haben im Zuge der
Professionalisierung mehr oder weniger flache Hierarchien aufgebaut, die oftmals
eine Verdeutlichung bereits vorher vorhandener informeller Machtstrukturen
darstellen. Solche Umstrukturierungen können Ungleichheiten innerhalb einer
Gruppe transparent und damit bearbeitbar machen, können aber auch der Einstieg
in den Ausstieg aus einer gelebten Selbstorganisation sein. Das ist immer von
den Beteiligten, ihren Interessen und ihrem Engagement abhängig.
Es gibt viele Wege, kein »richtig« oder »falsch«. Die einen haben
gleichen Lohn für jede Arbeit beibehalten, andere Lohnspreizungen vorgenommen,
um Fachleute an den Betrieb zu binden. Zunehmend finden sich Menschen in
selbstverwalteten Unternehmungen, die dort arbeiten möchten, aber nicht bereit
oder in der Lage sind, einen Teil der Verantwortung mitzutragen. So gibt es
Kern-Kollektive mit Angestellten, aber ebenso die bewusste Entscheidung dafür,
auch weniger selbstorganisationsfähige Menschen als gleichberechtigte
Mitglieder zu integrieren und damit eine besondere Qualität des Miteinander zu
entwickeln, die sich konsequent gegen herrschende Verwertungslogiken stellt.