Monatszeitung für Selbstorganisation
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Et improbis coercendis et quos deseruit sana mentis usura custodientis (1)Zucht und Ordnung"Allgemein gesprochen, bildet die
kapitalistische Von Gerhard Kern - Die Entstehung des
Kapitalismus (16./17. Jh.) und damit auch der modernen Sozialpolitik bedingen
sozusagen einander und das Strafvollzugssystem ist ein Teil der Letzteren. Durch
die Zerstörung der feudalen Lebensverhältnisse entstanden Massen von Verarmten
und Vagabundierenden. Sie waren potentielle Lohnarbeiter, mussten dazu aber
erzogen und ausgebildet werden. Die ersten Zucht- und Arbeitshäuser waren
Auffanganstalten für Vaganden, Bettler, Diebe, aber auch Kranke und Behinderte.
Hier wurde gesiebt in brauch- und unbrauchbar. Gleichzeitig waren sie
abschreckende Beispiele für die noch nicht durch das Normenraster Gefallenen.
Prinzipiell lasst sich vielleicht sagen, dass unsere komplette bürgerliche
Sozialpolitik eine permanente Modernisierung der ursprünglichen Prinzipien des
Zähmens und Bewahrens ist. Das In Zeiten der links-liberalen Revolte ('68 und danach z.B.) wurde immer wieder die Abschaffung von Knästen, Psychiatrien und Schulen gefordert. Was bei solchen ultimativen Parolen überzogen war, hat sich heute mit der Beteiligung der ehemals linken (3) ProtagonistInnen durch die Beteiligung an der immer perfider werdenden Sicherheitsdebatte ins Gegenteil verkehrt. Jene machen die bessere Arbeit für ihre kapitalistischen Auftraggeber. Wir sind der Ansicht, dass der Strafvollzug als Thema in dieser Zeitschrift seinen festen Platz haben sollte. Nicht kann es allerdings ein Anliegen der Linken sein, das "bessere" Strafsystem zu diskutieren. Emanzipation verlangt nach Befreiung von Zwängen und nicht nach deren Perfektion. Insofern stellen die Beiträge eine Diskussionsgrundlage dar, die unter dem Motto der Abschaffung von Strafe und der Herstellung von egalitären gesellschaftlichen Zustanden steht. In egalitären Gesellschaftsmodellen spielen Strafen und Überwachen kaum eine Rolle, da die Belange durch Kommunikation und Auseinandersetzung geregelt werden sollen. So müsste einerseits die Unsinnigkeit der Zucht- und Arbeitsanstalten (Strafvollzugsanstalt) und sozusagen parallel dazu die Problematik einer repressionsfreien Gemeinschaft diskutiert werden.
Wir möchten an dieser Stelle auch noch dem Komitee für Grundrechte und Demokratie für die Unterstützung durch Hinweise auf kompetente Autoren danken. (www.Grundrechtekomitee.de) Ein Teil der Karikaturen und Texte sind uns von Gefangenen zur Verfügung gestellt worden. Wir danken herzlich und wünschen Freiheit und Glück. Nicht zuletzt erfolgt der Aufruf an die Freiheitsbesitzer/innen, Gefangene zu kontaktieren, Briefmarken zu schicken, Freiabos zu spenden und vieles mehr für den einsitzenden Mitmenschen zu tun. Das wäre eine mögliche Alternative zum Nichtstun. Kontakt: www.contraste.org (1) Inschrift am Zuchthaus zu Leipzig: Zur Zähmung der Unehrlichen und zur Bewahrung derer, die der Gebrauch des gesunden Verstandes im Stich gelassen hat. (vielleicht die Zielgerade zum heutigen Fördern und Fordern?) (2) C. Marzahn/H.-G. Ritz "Zähmen und Bewahren" ISBN 3-921680-39-5, S. 2 (nur noch gebraucht erhältlich bei amazon.de) (3) Mit links oder linken Positionen sind hier anti-kapitalistische, marxistische oder links-anarchistische gemeint. |
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