KALDERASCH, XORAXANÉ, MANUSCH, JAT, ROM, GYPSIES
Ihr Name ist Mensch
Junge Roma in Shutka, einem Vorort der
mazedonischen Hauptstadt Skopje, dem wahrscheinlich größten Roma Viertel
Europas
Von Gerhard Kern # »Es gab vor und nach den
Nazis Menschenverachtung in Deutschland«. Dieses Zitat stammt aus dem Vorwort
der Broschüre »Das schwarze Dreieck« von Gerhard Linner.
Das schwarze Dreieck etikettierte die sogenannten A-Sozialen, unter die auch
Roma und Sinti fielen. »Spezielle Winkel sollten die Häftlinge im NS-Konzentrationslager
»kennzeichnen«: Politisch (rot), homosexuell (rosa), Bibelforscher (lila),
emigriert (blau), sog. asozial (schwarz), kriminell (grün).« *
Diese erste Aussage hat auch heute Gültigkeit. Es ist bis jetzt nicht
gelungen, die Verachtung, die insbesondere den Roma (und auch den Sinti) noch in
den europäischen Ländern entgegenschlägt, umzuwandeln in eine Achtung, die
diesen Menschen auch nur annähernd gerecht würde. Kein Staat, keine
Gesellschaft der europäischen Gemeinschaft, kaum eine religiöse/politische
Gruppierung oder Partei behandelt das Problem, und zwar nicht als ein
Roma-Problem, sondern als ein (Mehrheits)Gesellschaftliches mit dem notwendigen
Ernst und Nachdruck. Sicher gibt es auch immer wieder gute Ansätze von NGO’s
und von einigen wenigen Linken; doch ausreichend ist das nicht, wie in dieser
Ausgabe von engagierten Autoren aufgezeigt wird.
Leider reicht bei weitem der Platz nicht, um auch nur annähernd das
Phänomen der Roma- Kulturen, ihre Lebens- und Arbeitsweisen so darzustellen,
dass sowohl Innen- und Außenansichten genügend berücksichtigt werden. Somit
sollte dieses nur als Auftakt einer weiteren und möglichst kontinuierlichen
Beschäftigung mit einer Menschengruppe verstanden werden. Ziel sollte es sein
uns im Anderen zu erkennen, um so eine Brücke des Verständnisses zu bauen, die
tragfähig für eine emanzipatorische Gesellschaft ist.
Jedenfalls weise ich schon jetzt auf einen Beitrag von Harika Dauth vom
Leipziger Forum Tsiganologische Forschung (1) hin,
der mich erst jetzt erreichte, aber keinen Platz mehr in dieser Ausgabe finden
konnte. Die überaus interessante Betrachtung über die »Glücksökonomie bei
Roma/ Zigeunergruppen« könnte gerade für die libertär orientierte Szene eine
Herausforderung zur Diskussion und zur Nachdenklichkeit sein.
In unserem Schwerpunkt beschreibt Birgit Seemann die leidvolle Geschichte der
Roma in Europa mit einem Focus auf Deutschland. Es ist auch die Geschichte der
Vorurteile in diesem Lande mit den unerträglichen Folgen für die ganz Anderen.
Wie können Gadje – also wir, die Nicht-Roma – die Menschen und ihre Kultur
verstehen lernen oder uns zumindest ihnen annähern? Auch in der modernen
deutschen Demokratie gibt nach wie vor eine geeinte Abneigung gegen die
»Zigeuner«.
Tobias Marx nähert sich aus wissenschaftlicher Sicht dem Thema der
Familienstrukturen, ohne die Roma nicht verstanden werden können. Es handele
sich um »Großfamilien und deren erweiterte Familiennetzwerke«, die zeitlich
oft schon mehrere Generationen umfassen und geografisch meist auf engem Raum
leben. Er arbeitet heraus, wie sich handwerkliche, künstlerische oder
wissenschaftliche Kompetenzen gerade auch durch das Leben in einer jeweiligen
»Mehrheitsgesellschaft« gebildet haben.
Der in Bulgarien lebende Dirk Auer ist seit 2006 als freier Korrespondent in
Sofia und betreibt u.a. das »Balkan Biro« (www.balkanbiro.de) mit anderen
Journalisten gemeinsam. Er behandelt in seinem Beitrag die Situation der Roma im
Kosovo und die Probleme derer in Deutschland, die durch Abschiebungen bedroht
werden.
Jacques Delfeld, Vorsitzender des Verbands Deutscher Sinti und Roma,
Landesverband Rheinland- Pfalz, berichtet über die Entwicklung und
Verwirklichung des Landesverbandes Rheinland-Pfalz. Ziel der Verbandsarbeit sei
es: