Monatszeitung für Selbstorganisation
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Kostendeckungsprinzip contra SelbstverwaltungImmer wieder schwirrt der Begriff Kostendeckungsprinzip als Merkmal selbstverwalteter Betriebe durch Szene und Literatur. So als ökologisches (??) Kriterium in der neuen Ökobank-Broschüre. Auch in den jüngst erschienenen Büchern von Marlene Kück und Matthias Neuling. Wobei man bei den beiden letzteren allerdings den Eindruck hat, es handle sich um das „wissenschafts"-übliche Zitieren aus dem Fundus der umfangreichen Literaturverzeichnisse. Eine kritische Betrachtung wird zwar im Hinblick auf die Eigenkapitalausstattung der Betriebe angestellt, nicht jedoch unter Selbstverwaltungs-Gesichtspunkten. Welche Auswirkungen aber hat es, wenn in erwerbswirtschaftlich orientierten Szenebetrieben nach der Kostendeckungsmaxime gewirtschaftet wird? Es wird einfach die Ideologie des Kapitalismus übernommen, ein Betrieb könne als autonom-egoistische Einheit selbst über seine Gewinne entscheiden; der Entschluß, keine Überschüsse erzielen zu wollen, ist hier gleichbedeutend. Dabei haben aufgrund der faktischen hochgradigen Arbeitseinteilung der gesamten Wirtschaft – einschließlich alternativer Ökonomie, Autarkiedenken ist Illusion - viele andere am Betriebsergebnis mitgewirkt, neben Vorlieferanten etc. auch diejenigen, deren Leistungen nicht bezahlt werden: Schulen, Ausbildung, Wissenschaft, Kultur... Auch in diesen Arbeitsstätten muß Selbstverwaltung möglich sein. In einer Abhängigkeit von willkürlichem Mäzenatentum, von staatlichen Richtlinien oder staatlichen Förderungsbedingungen ist dies jedoch nicht gegeben. Die „freie Lern werkstatt" / 100prozentig staatlich subventioniert, das kann zwar derzeit unter pragmatischen Gesichtspunkten sinnvoll sein. Es leuchtet mir aber nicht ein, diesen Zustand durch eine unüberlegte Anwendung des Kostendeckungsprinzips auf den einzelnen Betrieb zu zementieren. Sinn erhält dies aber in vernetzten Zusammenhängen: Unterschüsse bei heute gemeinnützig genannten Aufgabenfeldern (Forschung, Ausbildung, Kultur, ökologische Projekte) und Überschüsse bei den erwerbswirtschaftlich orientierten Einrichtungen (Produktion, Handel, Dienstleistungen) werden ausgeglichen, ohne individuellen und auch ohne kollektiven Profit. Wenn solche Strukturen frei von Mäzenatentum sind, d.h. wenn die beiden charakterisierten Unternehmenstypen auf der Grundlage gleichen Rechts einbezogen sind, werden in einer solchen Selbstverwaltungswirtschaft durch gemeinsame Beratungen die Entscheidungen in gesellschaftlicher Verantwortung getroffen. Und wenn Überschuß und Unterschuß ausgeglichen werden soll, muß doch bei vielen Überschuß da sein, und wahrscheinlich ein möglichst großer, oder? Jochen Abeling |
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