Wer das Geld hat, hat ... keinen Humor
(Zit. Croucho Marx)
"Besonders dreist" fand
das Handelsblatt das unschuldige Orange im Titel unserer Dezember-Ausgabe. Auch
sei dort "in höhnischer Form" über den Vorwurf der Markenpiraterie
berichtet worden. Grund genug, eine erneute Eilverfügung zu erwirken, diesmal
gegen die Krebsmühle als Vertriebsadresse und - wie nicht anders zu erwarten -
wiederum pünktlich zum Drucktermin. Sie
werden nicht schlecht gestaunt haben, als sie die Januar-Ausgabe dann doch
geliefert bekamen - in der Variation des Titels zum "Wandersblatt",
die Zeitung für den längeren Atem.
Allein: sie haben keinen Humor, und haben den auch nicht nötig.
Dafür haben sie Geld, viel zu viel Geld, und von diesem vielen Geld riskieren
sie mal so locker vom Hocker 200.000 bis 300.000 Märker, um ihr Recht zu
kriegen: uns den Titel Wandelsblatt zu untersagen. Nun haben ja in Wahrheit wir
recht, weil natürlich kein Mensch auf den blödsinnigen Gedanken verfallen
kann, Handelsblatt und Wandelsblatt miteinander zu verwechseln (man muß sich
dieses triste Blatt mal reinziehen!). Aber das nützt uns überhaupt nichts,
recht zu haben, weil wir nämlich nicht über das nötige Kleingeld verfügen,
dieses Recht auch durchzusetzen. Der Trick ist alt und heißt: Festsetzen eines
möglichst hohen "Streitwerts" . Von diesem Streitwert leiten sich
dann die Anwalts- und Gerichtskosten ab und das wird dann sehr schnell sehr
teuer. Nun ist das Handelsblatt mit seinen 90.000 Exemplaren täglich ja in der
Tat sowas wie ein Wirtschaftsriese - und das Wandelsblatt in diesem Zusammenhang
als Zwerg zu bezeichnen, grenzt schon an Hochstapelei.
Die 6. Kammer des Frankfurter Landgerichts aber ist der
Argumentation des schwer geschädigten Handelsblatts gefolgt und war auch nicht
bereit, den Streitwert unterhalb der 100.000-Mark-Grenze anzusiedeln. Damit sind
alleine schon über den Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung Kosten von
etwa 10.000 Mark entstanden. Das wird uns zu teuer, haben wir beschlossen, und
fügen uns mithin in das Unvermeidliche. Caro-Druck und auch die Krebsmühle
haben "Unterwerfungserklärungen" (Ja , das heißt wirklich so!)
abgegeben und wir erscheinen mit neuem Titel.
Mit dem Handelsblatt werden wir uns weiter herumstreiten –
darüber, wer denn jetzt die Kosten trägt. Einen kleinen Fehler haben die
Kollegen mit dem vielen Geld und der Vorliebe für große Geschütze nämlich
gemacht: sie haben uns nie aufgefordert, den Titel Wandelsblatt zu unterlassen.
Und das hätte allemal der erste Schritt sein müssen ... Ein berühmtes
Beispiel einer solchen "Abmahnung" wollen wir Euch nicht vorenthalten:
Die Schlacht gegen die Warner Brothers
Als die Marx Brothers beabsichtigten, einen Spielfilm mit dem
Titel „Eine Nacht in Casablanca" zu drehen, wurden seitens der Warner
Brothers, die fünf Jahre vorher den Film "Casablanca" (mit Humphrey
Bogart und Ingrid Bergmann) produziert hatten, gerichtliche Schritte
angekündigt. Hierauf reagierte Groucho, auch im Namen seiner Brüder, mit
folgendem Schreiben:
Liebe Warner Brothers,
anscheinend gibt es mehr als nur einen Weg, eine Stadt zu
erobern und sie in seinem Besitz zu halten. Ich hatte z.B. bis zu dem Zeitpunkt,
als wir unsere Absicht kundtaten, diesen Film zu drehen, keine Ahnung, daß die
Stadt Casablanca im ausschließlichen Besitz der Warner Brothers ist. Einige
Tage, nachdem dies jedoch veröffentlicht wurde, erhielten wir bereits Ihr
langes und unheilvolles juristisches Dokument, mit welchem wir davor gewarnt
wurden, den Namen Casablanca zu verwenden.
Es hat den Anschein, daß Ihr Ur-Urgroßvater, Ferdinand Balboa
Warner, als er 1471 eine Abkürzung nach Burbank suchte, versehentlich an der
Küste Afrikas landete und, indem er seinen Alpenstock erhob (den er später als
Zahlungsmittel für den hundertprozentigen Besitz der Gemeinde einlöste), diese
Stelle Casablanca nannte.
Ich kann Ihre Haltung nicht verstehen. Sollten Sie
beabsichtigen, Ihren Film neu aufzuführen, so bin ich sicher, daß jeder
durchschnittliche Kinogänger bald den Unterschied zwischen Ingrid Bergman und
Harpo bemerkt haben wird. Ich weiß zwar nicht, ob ich dazu fähig wäre, würde
es aber auf jeden Fall gern versuchen.
Sie behaupten, der Name Casablanca gehöre Ihnen und niemand
dürfe ihn ohne Ihre Erlaubnis benutzen. Wie verhält es sich denn mit dem Namen
"Warner Brothers"? Haben Sie auch hierüber das ausschließliche
Verfügungsrecht? Sie haben vielleicht das Recht, den Namen Warner zu führen,
wie aber steht es mit "Brüder"? Berufsmäßig waren wir Brüder,
lange bevor Sie es waren. Wir waren unter dem Namen Marx Brothers bereits
bekannt, als das Vitaphone noch eine Idee in seines Erfinders Hirn war, und vor
uns gab es bereits andere Brüder - die Brüder Schmitt, die Brüder Karamasov,
die Dan Brothers sowie das Sprichwort "Bruder, kannst du mir was
pumpen?" (Ursprünglich hieß es "Brüder, könnt ihr mir was
pumpen?").
Nun zu Ihnen, Jack. Sind Sie der Meinung, daß Ihr Name einmalig
sei? Nun, er ist es nicht. Es gab ihn bereits lange bevor Sie geboren waren.
Momentan fallen mir zwei Jacks ein: da war einmal Jack aus "Jack and the
Beanstalk" und zum anderen Jack the Ripper, der zu seiner Zeit ein rechtes
Früchtchen war. Was Sie betrifft, Harry, Sie unterzeichnen vielleicht Ihre
Schecks in dem Glauben, daß Sie der einzige Harry aller Zeiten seien und alle
anderen Harrys Gangster. Mir fallen im Augenblick zwei Harrys ein, die es
bereits vor Ihnen gab, und zwar den Revolutionär Harry Lighthouse und einen
gewissen Harry Apfelbaum, der an der Ecke 93. Straße/Lexington Avenue wohnte.
Leider war dieser Apfelbaum nicht allzu bekannt. Das letzte, was ich von ihm
hörte, war, daß er bei Weber und Heilbronner Krawatten verkaufte.
Und jetzt zum Burbank-Studio. Ich glaube, so nennt Ihr Brüder
Eure Studios. Der alte Burbank ist tot. Vielleicht könnt Ihr Euch an ihn
erinnern. Er war ein großer Künstler in seinem Garten. Seine Frau sagte oft,
Luther Burbank hätte zehn grüne Daumen. Was muß sie doch für eine
geistreiche Frau gewesen sein! Burbank war ein Genie, er kreuzte alle Früchte
und Gemüsearten so lange, bis die armen Pflanzen in einem so desolaten und
mickrigen Zustand waren, daß man nicht mehr wußte, in welcher Form - ob als
Fleischbeilage oder als Dessert - sie das Eßzimmer betreten sollten.
Dies ist natürlich nur eine reine Mutmaßung, aber wer weiß -
vielleicht sind die Nachkommen Burbanks nicht gerade glücklich über die
Tatsache, daß eine nach Schema F spielfilmproduzierende Fabrik in ihrer Stadt
sich den Namen Burbank aneignete und ihn im Vorspann ihrer Filme benutzt. Es ist
sogar möglich, daß die Familie Burbank mit größerem Stolz auf die von ihrem
alten Herrn gezüchteten Kartoffeln blickt als auf die Tatsache, daß aus Ihren
Studios Filme wie "Casablanca" und "Goldgräber 1931"
hervorgegangen sind.
Das oben Gesagte erscheint wie eine bittere Tirade auf Euch, ich
versichere jedoch, daß es nicht so gemeint ist. Ich liebe Warners. Einige
meiner besten Freunde sind die Warner Brothers. Es ist durchaus möglich, daß
ich Euch Unrecht tue, und daß Ihr gar nichts von dieser kleinkarierten Aktion
wißt. Ich wäre überhaupt nicht überrascht, wenn ich erführe, daß die
Direktoren Ihrer Rechtsabteilung vollkommen ahnungslos über diesen absurden
Disput sind, da ich nämlich einige dieser Herren sehr gut kenne und nur sagen
kann, daß sie feine Herren mit schwanen Locken und Doppelreihern und ihrer
Umwelt gegenüber päpstlicher sind als der Papst.
Ich bin der Meinung, daß dieser Versuch, uns davon abzuhalten,
den Titel "Eine Nacht in Casablanca" zu verwenden, die Ausgeburt eines
Winkeladvokaten ist, der seine Lehrzeit in Ihrer Rechtsabteilung soeben begann.
Ich kenne diesen Typ - hohlwangig vom Studium, erfolgshungrig und zu ehrgeizig,
um den natürlichen Weg des Aufstiegs zu beschreiten. Solch ein linker Typ hat
wohl Eure Anwälte, von denen die meisten feine Herren mit schwarzen Locken und
Zweireihern etc. sind, aufgestachelt, uns dieses Hindernis in den Weg zu legen.
Nun denn, er wird nicht weit kommen! Wir werden ihn bis in die letzte Instanz
bekämpfen. Kein hohlköpfiger Rechtsverdreher wird böses Blut zwischen die
Warner und Marx Brothers bringen. Wir sind alle Brüder und wir werden Brüder
bleiben, bis die letzte Rolle von "Eine Nacht in Casablanca" abgedreht
ist.
Ergebenst Groucho Marx
Aus irgendeinem seltsamen Grund schien
dieses Schreiben die Rechtsabteilung der Warner Brothers total verwirrt zu
haben. Sie schrieben zurück und baten die Marx Brothers - allen Ernstes -, ob
sie nicht erklären könnten, um was es sich in dem Film handle. Sie nahmen an,
daß irgend etwas im Gange war. Daraufhin antwortete Groucho:
Liebe Warners,
ich kann Euch eigentlich nicht viel über die Handlung
erzählen. Ich spiele einen Doktor der Theologie, der den Eingeborenen dient und
nebenher mit Dosenöffnern und Erbsenhülsen hausieren geht, die er den Wilden
an der Goldküste Afrikas verhökert.
Wenn ich Chico zum erstenmal treffe, arbeitet er in einem Saloon
und dreht Glatzköpfigen Kämme an, wie man so schön sagt. Harpo spielt einen
arabischen Proleten, der in einer Hütte in den Außenbezirken der Stadt haust.
Das erste Bild des Films zeigt Porridge, eine kleine dumme
Eingeborene, die Pfeile für die Jagd präpariert. Paul Hangover, unser Held,
steckt immer zwei Zigaretten gleichzeitig an; der Zigarettenmangel scheint noch
nicht zu ihm durchgedrungen zu sein.
Es gibt natürlich jede Menge glanzvolle wie auch hitzige
Szenen. Der Abessinier Color, ein sogenanntes Mädchen für alles, betreibt Riot.
Riot, sollten Sie niemals davon gehört haben, ist ein kleiner Nachtclub am
Stadtrand.
Ich könnte Euch natürlich noch viel mehr erzählen, aber ich
will Euch nicht die Spannung nehmen. Die Geschichte wurde bereits vom Hay-Office,
dem Haushaltsausschuß und den Überlebenden der Orgie genehmigt. Wenn der
Zeitpunkt gekommen ist, kann dieser Film der Auftakt zu einem weltweiten
Desaster sein.
Ergebenst Groucho Marx
Anstatt sie zu besänftigen, schien dieses
Schreiben die Anwälte noch mehr zu verwirren; sie schrieben zurück, daß sie
die Handlung noch immer nicht verstanden hätten, und baten Dr. Marx, sie doch
etwas detaillierter zu beschreiben. Groucho kam dieser Bitte wie folgt nach:
Liebe Brüder,
seit ich Euch zum letztenmal schrieb, hat sich leider eine
kleine Änderung in der Handlung unseres Films "Eine Nacht in
Casablanca" ergeben. In der neuen Version spiele ich Bordello, die Mieze
von Humphrey Bogart. Harpo und Chico hausieren mit Teppichen. Als sie dieser
Tätigkeit überdrüssig werden, treten sie spaßeshalber in ein Kloster ein.
Dies ist natürlich ein ganz großer Gag, da es dort seit fünfzehn Jahren kein
Kloster mehr gibt. Gegenüber dem Kloster, in der Nähe eines Piers, liegt ein
Hafenhotel, vollgepackt mit pausbäckigen "Damen", von denen die
meisten bereits einmal wegen Belästigung eingesperrt waren. Auf der fünften
Rolle hält Gladston eine Rede, die das Unterhaus dermaßen in Aufruhr bringt,
daß der König postwendend seinen Rücktritt erklärt. Harpo heiratet einen
Hoteldetektiv, Chico wird in Zukunft eine Straussenfarm betreiben. Humphrey
Bogarts Freundin, Bordello, verbringt ihre letzten Jahre in einem Freudenhaus.
Wie Ihr seht, ist dies nur ein kurzer Überblick. Das einzige,
was uns jetzt noch vor dem sicheren Untergang retten könnte, wäre die
Fortsetzung dieser Filmbeschreibung.
Hochachtungsvoll Groucho Marx
Daraufhin hörten die Marx Brothers nie
wieder von der Rechtsabteilung der Warner Brothers.