Die Stellungnahmen der „Fachleute" lassen sich etwa so zusammenfassen:
1. Ein neues Gesetz für eine alternative Betriebsverfassung („Gemeinschaftsbetriebsgesetz")
ist zur Zeit nicht angesagt: die existierenden Rechtsformen (v.a. GmbH, Verein,
GbR) reichen beim derzeitigen Stand der politischen Diskussion und der
Vernetzung der Betriebe sowie für die derzeitigen Betriebsgrößen aus.
Aktuell angebrachter sind Korrekturen im Genossenschaftsgesetz, damit diese
Rechtsform attraktiver und akzeptabel gemacht wird. Daneben ist allerdings eine
längerfristige politische Diskussion nötig über Ansprüche und Strukturen
(auch Rechtsstrukturen) selbstverwalteter Betriebe, über
Regelungsmöglichkeiten der Kapitalneutralisierung und der Sozialbindung des
Betriebsvermögens, über den Charakter (und die Abschaffung?) der Lohnarbeit in
selbstverwalteten Betrieben, über arbeits- und sozialrechtliche Bedingungen
u.a.m.
- dies alles eventuell mit dem Ziel einer „Mustersatzung" oder einer
späteren gesetzlichen Normierung.
2. Die Verbesserung der Rahmenbedingungen wird allgemein für vordringlicher
gehalten. Mehrere Vorschläge wurden konkretisiert: Änderung der
ERP-Richtlinien; Ausdehnung der Mittelstandsprogramme auf selbstverwaltete
Betriebe; Änderung der Handwerksordnung; u.a.m..
Einige der bei der Anhörung erörterten Vorschläge wurden bereits vor
längerer Zeit — zum Teil mehrfach - von den GRÜNEN im Bundestag eingebracht:
so die Erhöhung der ERP-Mittel für Betriebsgründungsberatung und die
Ausdehnung auf kooperative Betriebe; Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes
auf Fortzahlung von Arbeitslosenunterstützung bei Gründung eines
selbstverwalteten Betriebes.
Hiernach stellen sich für die GRÜNEN jetzt zwei Aufgaben:
- Aus dem bisherigen Diskussionsstand werden kurzfristig parlamentarische
Anträge entwickelt, die auf unmittelbare, kleine Verbesserungen und
Erleichterungen für die selbstverwalteten Betriebe abzielen und die gewisse
Chancen zur Realisierung, zumindest aber Signalfunktion und
Mobilisierungseffekte haben: Änderungen im Genossenschaftsgesetz, in der
Handwerksordnung und in den ERP-Richtlinien.
- Daneben aber - und damit - muß langfristig eine politische Debatte über
Ansprüche und Struktur, über Stellenwert und Perspektive der
Selbstverwaltungswirtschaft entfacht werden, um Antworten auf die zur Zeit noch
offenen oder kontroversen Fragen zu bekommen.
Zielen muß diese Debatte gleichermaßen auf die sog. Öffentlichkeit (und
damit auch auf jenen Teil der Linken, der durch die augenblickliche
Reform-Propaganda-Offensive der SPD „re-integriert" werden soll), auf die
GRÜNE Partei (wo vor der Bundestagswahl im Januar 1987 wichtige
Klärungsprozesse — gerade in wirtschaftspolitischen Fragen — stattgefunden
haben müssen) wie auf die selbstverwalteten Betriebe, auf Netzwerke,
Ökobanker, alternative Betriebsberater/innen und Fachleute (wo es insgesamt
noch nicht gelungen ist, eine qualitative Konsolidierung auf betrieblicher und
überbetrieblicher Ebene zu erreichen: den Umarmungs- und
Vereinnahmungsversuchen der Staatsparteien sowie den Gefahren der „Betriebs-Transformation"
(zu herkömmlichen Betrieben) lassen sich eigene, verbindliche Kriterien und
Strukturen einer „Selbstverwaltungswirtschaft" noch nicht entgegensetzen.
Ein Haufen Arbeit!
Aber für alle, meine ich. Denn ich gehe doch richtig in der Annahme, daß es
1986/87 nicht nur um die Wiederwahl einer kleinen Partei geht, sondern um die
Chance, bestimmte Inhalte nicht rabiat und für längere Zeit von der
politischen Bildfläche verschwinden zu sehen - es sei denn mensch gibt sich mit
Reform-Surrogaten wie „Arbeit und Umwelt", „ökologische
Modernisierung", „Selbsthilfe statt staatlicher Bevormundung" u.ä.
Neuschöpfungen zufrieden.
Wer Informationen über die GRÜNEN Initiativen haben oder wer sich gar aktiv
an der Arbeit beteiligen will, wende sich an:
DIE GRÜNEN IM BUNDESTAG Arbeitsgruppe „Selbstverwaltungswirtschaft/Alternative
Ökonomie" Bundeshaus 53 Bonn, Tel. 0228-16 74 62, -35 29 27, -16 92 55
M.R.