Monatszeitung für Selbstorganisation
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Anders ReisenSozial, ökologisch, kulturellDer nachfolgende Beitrag von Werner Ader gibt einen Überblick zum Thema und beschreibt den Anspruch des 1981 gegründeten selbstverwalteten Reiseunternehmens, das Büros in Braunschweig, Hamburg und Berlin mit 15 KollektivistInnen betreibt. Ist Anders Reisen nun lediglich ein neuer Werbegag - oder versteckt sich hinter diesem auch ein neuer Inhalt? Jahrelang hat die Tourismusindustrie ohne große Rücksicht auf Mensch und Natur Bettenburgen hochgezogen, die wie Fremdkörper an den Küsten kleben. Die Reisenden werden mit Flugzeugen hin und her transportiert, damit die Distanzen zwischen Wohn- und Urlaubsort schnell zurückgelegt sind, ganz egal, ob auf einem Flug soviel Energie verbraucht wird, daß man damit mehrere Jahre Auto fahren kann. Reisen ist zum Konsumgut geworden, wobei es darum geht, wieviel Kilometer und wieviel Sonne ich für mein Geld bekomme - und dann wird noch erwartet, daß am Zielort das Essen, das Bier und der Service wie zu Hause ist, denn mit dem Fremden kommen die Reisenden nicht unbedingt zurecht. Diese Form von Tourismus ist weder sozialverträglich noch ressourcenschonend, und genau da setzt der "Andere Tourismus" an. Die Reiseziele liegen überwiegend in Europa und sind meistens mit dem Bus oder der Bahn, also mit umweltfreundlichen Verkehrsmitteln (geringer pro Kopf Verbrauch an Energie), zu erreichen. Die Unterkünfte sind überwiegend in kleinen Feriendörfern, Hotels oder auf Campingplätzen, die von den in der Region lebenden Menschen betrieben werden. Viele Gebiete Europas sind auf den Tourismus angewiesen, damit sie über eine adäquate Einnahmequelle verfügen und das Abwandern der jüngeren Generationen etwas gebremst wird. Die "Anderen Reiseveranstalter" legen in der Regel Wert darauf, daß durch die direkte Zusammenarbeit mit kleinen, im Zielgebiet ansässigen Betrieben mehr Gelder genau dort ankommen und nicht bei den großen Tourismuskonzernen. Der Tourismus, der zukunftsorientiert sein will, muß sozial, ökologisch und kulturell verträglich sein. Grundsätzlich kann man bei den Angeboten von Veranstaltern, die "Andere Reisen" anbieten, zwei verschiedene Richtungen unterscheiden: Die einen haben sich darauf spezialisiert, daß Reisende zu ihnen kommen, so z.B. Betreiber von Beherbergungsbetrieben. Sie versuchen darauf zu achten, daß ihre Häuser sich in das Landschaftsbild einfügen, Müll und Abwässer die Umwelt möglichst wenig belasten und bieten ihren Gästen meistens eine Vollwertküche. Zum anderen sind da die Veranstalter, die Reisen für Einzelne oder Gruppen in andere Länder anbieten. Bei ihren Reisen steht meistens die aktive Entdeckung der Landschaft mit dem Rad oder zu Fuß, sowie das Kennenlernen der Besonderheiten einer Region im Vordergrund - neben der natürlich notwendigen Erholung vom Alltag. Viele Veranstalter, die sich auf Gruppenreisen spezialisiert haben, setzen bei der Anreise an den Urlaubsort auf den Bus, der eine gute Energiebilanz hat und für Ausflüge in der Urlaubsregion gut nutzbar ist. Besonders positiv ist es, wenn sie die Möglichkeit zur Fahrradmitnahme bieten (leider ist dieser Service bei den meisten europäischen Eisenbahnen mangelhaft) - dadurch bietet sich für die Reisenden neben einer ökologisch sinnvollen Anreise eine große Mobilität am Urlaubsort mit dem umweltfreundlichsten Verkehrsmittel. Von den Busbetrieben gibt es auch noch einige, die in Selbstverwaltung geführt werden (vor zehn Jahren gab es noch regelmäßige Jahrestreffen der Buskollektive), wobei das "BusKollektiv Unterwegs" mit seinen 15 festen MitarbeiterInnen wohl der einzige große Kollektivbetrieb ist. "Unterwegs" bietet die meisten Reiseziele ebenfalls in Europa, aber auch die USA oder Mexico werden bereist. Die Arbeit im Kollektiv beeinflußt auch die Reisen, das soziale Leben in der Gruppe steht immer mit im Vordergrund. So bietet der Veranstalter fast immer die Möglichkeit, in der Gruppe gemeinsam zu kochen (ein Gruppenzelt mit Großküchenausstattung ist bei den meisten Reisen dabei). Die Ausflüge, die am Reiseziel unternommen werden, werden in der Reisegruppe besprochen, so daß sich die Reisenden aktiv in den Urlaubsablauf einbringen können. Die Nachfrage nach "Anderen" Reisen ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen, wie man den zunehmenden Angeboten z.B. in der TAZ-Reisewiese oder den Szenezeitschriften entnehmen kann. Diesen Trend erfahren wir auch auf dem "Marktplatz für anderes Reisen", einer Messe, die seit sechs Jahren im Monat Januar in Hannover stattfindet - die Anzahl der Anbieter und der Besucher ist von Jahr zu Jahr kräftig gewachsen. Aber in dem Moment, wo "Anderes Reisen" zur Marktlücke wird, steigen auch die großen Unternehmen wieder ein - und plötzlich bekommt die Fernreise einen Ökotouch, da z. B. ein Ausflug zu einem unterstützenswerten Regenwaldprojekt in Venezuela angeboten wird. Hier obliegt es dem Verbraucher, die Angebote kritisch zu hinterfragen und sich nicht mit Super-SchnäppchenReisen ködern zu lassen. Leider gibt es nur wenige Reisebüros, die die Angebote der kleineren Veranstalter präsent haben (die sind meistens nicht über die großen Computerprogramme wie "Start" zu buchen), aber sie werden sich darum kümmern, wenn immer wieder Kunden danach fragen. Sonst bleibt nur die Möglichkeit, sich direkt an die Veranstalter zu wenden - und dabei wollen wir mit der Zusammenstellung auf diesen Serviceseiten und unserer Rubrik RUND UMS REISEN im Adressenteil helfen. Viel Spaß bei Eurer Reiseplanung. Zum "BusKollektiv Unterwegs"Gründungsdatum: Ende 1981, zu Beginn 4 Leute, derzeit 15
MitarbeiterInnen im Kollektiv. Büros
in: Braunschweig, Hamburg, Berlin. Fotos: Buskollektiv Unterwegs |
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